1. Welche Lehren haben Sie aus Ihren zwei Jahrzehnten Anlageerfahrung am Small-Cap-Markt gezogen, und an welche Prinzipien halten Sie sich?
Ich denke, dass viele Anleger in ihrer Laufbahn einen „Aha“-Moment erleben, ab dem allmählich alles einen Sinn ergibt und sich ihre Anlageüberzeugungen festigen. Meinen erlebte ich während der globalen Finanzkrise im Jahr 2008. Diese Zeit wirkte sich nachhaltig auf meinen Ansatz für die Portfoliokonstruktion und das Risikomanagement bei Small-Cap-Investments aus.
Damals konnten Investoren noch nicht auf die ausgeklügelten Systeme zurückgreifen, die uns heute zur Verfügung stehen, weshalb mein Portfolio stärkere Verluste verzeichnete, als ich erwartet hatte. Die globale Finanzkrise machte deutlich, wie wichtig es ist, die Risiken über ein diversifiziertes Portfolio zu verteilen und dabei vor allem unbeabsichtigte Risiken in den Griff zu bekommen. Heute schlägt sich dies in meiner Überzeugung nieder, wie wichtig ein zentralisierter Risikorahmen ist, der die Risiken über unterschiedliche Regionen und Sektoren diversifiziert, ebenso wie der Einsatz fortschrittlicher Systeme, um die Faktorkonzentrationen zu überprüfen. In meinen Augen trägt dieser Rahmen – gepaart mit einer durchdachten Titelauswahl – dazu bei, das Verlustrisiko in der Anlageklasse zu mindern und höhere risikobereinigte Renditen zu erzielen.
Die Erfahrung hat mich auch in der Überzeugung bestärkt, dass ein größerer Fokus auf Geschäftsmodellen mit höherer Qualität und auf soliden Bilanzen bei der Anlage in Small Caps von entscheidender Bedeutung ist. Dabei zahlt es sich wirklich aus, auf Managementteams mit überragenden Fähigkeiten in der Kapitalallokation zu setzen, die ihre strategische Vision klar zum Ausdruck bringen können.
2. Sie sprachen vom Risikomanagement: Small-Cap-Aktien sind für gewöhnlich stärkeren Schwankungen ausgesetzt als Large Caps. Könnten Sie näher darauf eingehen, wie Sie und Ihr Team Risiken steuern?
Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung können eine überaus ineffiziente und volatile Anlageklasse sein; zugleich sind mein Team und ich überzeugt, dass es sich um ein Segment handelt, in dem die Wertpapierauswahl einen besonders positiven Effekt haben kann. Ein robuster Risikorahmen und Porfoliokonstruktionsprozess sind nicht nur für das Risikomanagement unerlässlich; sie gewährleisten auch eine maximale Wirkung der Titelauswahl. Wir sehen daher die Auswahl erstklassiger Unternehmen mithilfe von Bottom-Up-Fundamentalanalysen als unsere erste Verteidigungslinie im Risikomanagement. Unsere zweite Verteidigungslinie ist ein durchdachter und konsequenter Ansatz bei der Portfoliokonstruktion.
Im Hinblick auf globale Small Caps sind wir der Meinung, dass die Beibehaltung eines Core-Anlagestils – anstelle eines beharrlichen Schwerpunkts auf Value oder Growth – eine effektive Möglichkeit ist, das meiste aus der Einzeltitelauswahl herauszuholen. In der Praxis bedeutet dies, dass wir bei jeder Anpassung des Portfolios bestrebt sind, das Faktorrisiko zu minimieren – unabhängig davon, ob es sich um anlagestil-, länder- oder sektorspezifische Risiken handelt – und so sicherzustellen, dass die Wertentwicklung in erster Linie auf unserer Titelauswahl basiert. Daraus ergibt sich ein Core-Portfolio, das einen ausgewogenen Mix der Anlagestile aufweist, hoch diversifiziert ist und ein geringes Tracking-Risiko beibehält.
Wir glauben, dass wir auf diese Weise die größte Chance haben, in einer bisweilen volatilen Anlageklasse attraktive, risikobereinigte Renditen für unsere Kunden zu erzielen.
3. Warum sollten Kunden auf globale Small Caps und nicht auf regionale Allokationen setzen?
Da komme ich wieder auf unserer Überzeugung zurück, wie wichtig ein übergeordneter Rahmen für das Risikomanagement ist. Man stelle sich zwei regional ausgerichtete Small-Cap-Portfolios vor, die nicht „miteinander kommunizieren“, wie etwa ein auf britische Small Caps fokussierter Fonds und ein in US-Small-Caps investierter Fonds. Würden diese dann kombiniert, so bestünde die Gefahr, überproportionale und unbeabsichtigte Wetten entweder auf eine bestimmte Region, eine Branche oder einen Anlagestil einzugehen. Im Gegensatz dazu kann ein globales Small-Cap-Portfolio den Vorteil der Vogelperspektive bieten, wenn es darum geht, ein einziges Risikobudget über die einzelnen Regionen und Sektoren zu verteilen, die nach Ansicht des Portfoliomanagers am ehesten eine überdurchschnittliche Wertentwicklung verzeichnen sollten.
Außerdem ist es wichtig, die aktuelle Marktdynamik im Blick zu behalten. Gegenwärtig scheinen die Anleger eine globale Allokation in Small Caps aufgrund der breiteren Diversifikation zu bevorzugen, die dies in einem stärker konzentrierten Marktumfeld bieten kann.
4. Wie hat sich der Small-Cap-Markt im Laufe der Zeit verändert?
In den Jahren 2020 und 2021 schoss die Zahl der Börsengänge und Zweckgesellschaften für Akquisitionen (SPACs) in die Höhe. Dies war allerdings ein untypischer Zeitraum – Small Caps haben in der Regel nicht so leicht Zugang zu den Kapitalmärkten.
Schwierigere Finanzierungsbedingungen müssen aber nicht unbedingt von Nachteil für die Anleger sein. Tatsächlich können sie eine reale Chance bieten, Mehrwert durch Small-Cap-Anlagen zu generieren, insbesondere durch einen Fokus auf Unternehmen mit hoher Qualität und soliden Bilanzen. Denn unabhängig davon, ob sie Zugang zu den Kapitalmärkten haben oder nicht, sind solche Unternehmen in der Regel in der Lage, sich selbst zu finanzieren, weshalb sie ihren Geschäftsbetrieb fortführen und weiter wachsen können.
Interessanterweise hat sich die Qualität im Small-Cap-Segment auf breiter Front deutlich verschlechtert: So hat sich der prozentuale Anteil von US-Small-Cap-Unternehmen, die rote Zahlen schreiben, in den letzten zehn Jahren ungefähr verdoppelt. Auch das muss nicht zwangsläufig von Nachteil für die Anleger sein. Es deutet aber in meinen Augen darauf hin, dass aktives Management in der Anlageklasse erforderlich und eine fundamental orientierte Titelauswahl entscheidend ist, um jene Unternehmen auszuwählen, die am wahrscheinlichsten eine überdurchschnittliche Performance liefern werden.
5. Was hält Sie nachts wach?
Makroökonomische und geopolitische Ereignisse können sich auf jede Investition auswirken – und globale Small Caps bilden da keine Ausnahme. Mein Team und ich vertrauen zwar in hohem Maße auf unseren Risikomanagementansatz, wir gehen aber auch davon aus, dass die Marktvolatilität erhöht bleiben dürfte, insbesondere vor dem Hintergrund der US-Wahlen, des anhaltenden Kriegs in der Ukraine und des Konflikts im Nahen Osten.
Um dieser Volatilität standzuhalten, unterziehen wir das Portfolio Stresstests und analysieren mögliche Auswirkungen exogener Schocks, um sicherzustellen, dass die Performance unseren Erwartungen entspricht.
6. Könnten Sie ein paar Beispiele für Unternehmen nennen, die in Ihren Augen derzeit vielversprechend sind?
Das Small-Cap-Universum beinhaltet eine Vielzahl einzigartiger und vielfältiger Unternehmen. Unter den Beispielen, die ich für besonders aussichtsreich halte, sind ein US-amerikanischer Kinobetreiber, der dank seiner soliden Bilanz gut aufgestellt sein dürfte, um Marktanteile innerhalb der Branche zu erobern, ein britischer Geflügelproduzent, der aus unserer Sicht über einen langfristigen Wettbewerbsvorteil verfügt, sowie ein indischer Nutzfahrzeughersteller mit einer aufstrebenden Verteidigungssparte.
7. Wie beurteilen Sie die künftigen Aussichten für globale Small Caps?
Wie viele Anleger sicherlich wissen, haben sich Small Caps langfristig besser entwickelt als Large Caps. Im aktuellen Zyklus zeigen sie jedoch seit über einem Jahrzehnt eine schwächere Performance als Large Caps. Auf Basis historischer Daten könnten die Tage dieser Large-Cap-Outperformance aber bald gezählt sein, was eine Outperformance von Small Caps bedeuten könnte. Mit Blick auf das Beta schätzen mein Team und ich die langfristigen Aussichten der Anlageklasse daher sehr positiv ein.
Außerdem sehen wir Anlagechancen mit vielversprechendem Potenzial aus einer Alpha-Perspektive. Small Caps scheinen in allen Regionen attraktiv bewertet zu sein, und einige werden im Vergleich zu Large Caps auf so attraktiven Niveaus gehandelt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Darüber hinaus erwarten wir, dass sich die Fundamentaldaten im Small-Cap-Segment verbessern und die Lücke zwischen dem Umsatz- und Gewinnwachstum von Large- und Small-Cap-Unternehmen angesichts der sinkenden Zinssätze und des verhaltenen Wirtschaftswachstums verringern wird.
Während wir selbstverständlich die makroökonomischen und geopolitischen Risiken weiter im Auge behalten, trägt all dies zu unserer positiven langfristigen Einschätzung der Anlageklasse bei. Falls für Small Caps – wie wir glauben – einer Trendwende am Markt bevorsteht, könnte dies die Renditen der Anlageklasse deutlich in die Höhe treiben. Darüber hinaus können die Komplexität, die Ineffizienz und die potenzielle Volatilität im Small-Cap-Segment beträchtliche Chancen bieten, über eine fundierte Titelauswahl eine Outperformance zu erreichen.