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Die Konzentration aufbrechen: Small-Cap-Aktien in das große Ganze einbeziehen

John Mullins, Investment Director
6 min Lesen
2025-07-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autors bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger. 

Die Märkte sind zwar grundsätzlich immer mit Risiken behaftet, das aktuelle Umfeld scheint aber recht positiv für globale Multi-Asset-Anleger zu sein. Das Wachstum entspricht gemeinhin dem Trend oder liegt darüber, die Inflation lässt weiter nach, die privaten Haushalte und Unternehmen befinden sich in guter Verfassung und der Zinssenkungszyklus ist entweder bereits im Gange (im Fall der Europäischen Zentralbank) oder steht vermutlich kurz bevor (im Fall der US-Notenbank und der Bank of England).

Viele Kunden, mit denen wir sprechen, nutzen dieses positive Umfeld für sich. Da die Gründe für eine vorsichtigere Haltung angesichts des robusten Wachstumsumfelds und der rückläufigen Inflation verblassen, sind Anleger in risikoreichen Vermögenswerten wie Aktien und Credit-Produkten zum Großteil übergewichtet.

Während es für Anleger wichtig ist, ein günstiges Umfeld zu erkennen, wenn es sich einstellt, müssen wir uns angesichts der Marktentwicklung in den letzten Quartalen auch mit den potenziellen Risiken auseinandersetzen. Einige davon stehen besonders im Vordergrund: ein Wiederaufflammen der Inflation, das Potenzial für eine Wachstumsverlangsamung und der allgegenwärtige Schatten unvorhersehbarer und schwer messbarer geopolitischer Risiken. Während all diese und andere Faktoren das Potenzial haben, die positive Stimmungsmusik an den Kapitalmärkten verstummen zu lassen, ist ein Aspekt für viele Kunden, mit denen ich spreche, von besonderem Interesse: das Konzentrationsrisiko an den Aktienmärkten. So stellt das Potenzial für negative Gewinnüberraschungen bei den sogenannten „Glorreichen Sieben“ auf kurze Sicht eines der größten Risiken für die Aktienmärkte dar.

Multi-Asset-Anlegern ist es fremd und unangenehm, derart von einer Handvoll Unternehmen abhängig zu sein. Schließlich liegt der Vorteil von Multi-Asset-Anlagen in der Diversifikation, die mit dem Halten eines ausgewogenen Portfolios von Wertpapieren aus unterschiedlichen Anlageklassen einhergeht und vorgeblich für ein Risiko-Rendite-Profil auf Gesamtebene sorgt, das der Summe seiner einzelnen Bestandteile überlegen und von keinem Unternehmen, keinem Risikofaktor und keiner Anlageklasse zu stark abhängig ist. Dass überwiegend nach der Marktkapitalisierung gewichtete Indizes als Portfolio-Benchmarks herangezogen werden und diese in extremem Maße von einigen wenigen Large-Cap-Technologieaktien dominiert sind, stellt dieses Grundprinzip der Diversifikation von Multi-Asset-Portfolios vor erhebliche Herausforderungen.

Das Konzentrationsproblem

Ob eine hohe Marktkonzentration schon an und für sich von Nachteil für die Märkte ist, wird heiß diskutiert. Für die Zwecke dieses Artikels werden wir uns auf einen Zusammenhang konzentrieren, der dagegen glasklar ist: Eine hohe Marktkonzentration hat per Definition zur Folge, dass Aktienmarktindizes weniger diversifiziert sind. Da nur sieben Aktien rund 30 Prozent des S&P 500 ausmachen1, stehen Anleger vor der Wahl, entweder: 1) ein hochkonzentriertes Aktienportfolio zu halten, dessen Gesamtrendite von der Entwicklung einiger weniger Aktien bestimmt wird, oder 2) diese Aktien unterzugewichten, um eine ausgewogenere Risikoverteilung zu erhalten und damit das Risiko einzugehen, dass die Wertentwicklung deutlich von jener der Markt-Benchmark abweicht.

In der jüngsten Vergangenheit war das stark konzentrierte Portfolio die richtige Wahl. Die Glorreichen Sieben haben sich nämlich sowohl mit Blick auf die Wertsteigerung als auch auf das Gewinnwachstum deutlich besser entwickelt. Das Potenzial der KI hat sich zwar noch nicht vollständig entfaltet, wer diese Phase der konzentrierten Wertentwicklung jedoch als „Blase“ oder „Euphorie“ bezeichnet, übersieht dabei einen entscheidenden Sachverhalt: dass die Wertentwicklung durch die Fundamentaldaten gerechtfertigt ist. Diese Unternehmen liefern ein konkretes Gewinnwachstum, das im Einklang mit der Wertentwicklung steht. Eine Untergewichtung, die allein dem Zweck der Portfoliodiversifizierung dient, hätte eine erhebliche Underperformance bedeutet.

Gleichwohl sind Mega-Cap-Technologiewerte nicht vor Schwankungen und bedeutsamen Verlusten gefeit, wie im Jahr 2022 zu beobachten war, und die Aktienkurse der Glorreichen Sieben gaben in den vergangenen zehn Jahren zeitweise um 30 bis 75 Prozent nach2. Wenn man die Gewichtung dieser Aktien in vielen Multi-Asset-Portfolios bedenkt, könnten abermalige Verluste das Risikomanagement und die Performance vor erhebliche Herausforderungen stellen.

In Kundengesprächen darüber, wie das Gleichgewicht zwischen Diversifikation, Wertentwicklung und Risiko aussehen soll, traten globale Small-Cap-Aktien zusehends als eine Möglichkeit auf den Plan, um das Konzentrationsrisiko in globalen Aktienportfolios zu reduzieren. Mithilfe eines Barbell-Ansatzes, der das Engagement in Large-Cap-Aktien mit globalen Small-Cap-Werten kombiniert, lässt sich eine ausgewogenere Aktienallokation erreichen.

Weshalb ist jetzt ein guter Zeitpunkt für die Investition in Small Caps?

Aus unserer Sicht bieten Small Caps eine stärker diversifizierte Sektorverteilung sowie die Aussicht auf attraktive Gesamtrenditen. Auch wenn sie Large-Cap-Aktien im vergangenen Jahrzehnt hinterherhinkten, erzielten Small Caps mit Blick auf längere Anlagehorizonte in der Regel ein besseres Ergebnis3. Ihre zuletzt unterdurchschnittliche Wertentwicklung hat extreme Ausmaße angenommen und eine enorme Bewertungslücke geschaffen, die fast so groß ist wie seit 30 Jahren nicht mehr. Unserer Einschätzung nach dürfte sich diese Lücke im nächsten Jahrzehnt aber wieder verkleinern oder schließen, da Small-Cap-Werte weniger von strukturellen Kräften wie der Deglobalisierung, der zunehmenden Regulierung und stärker divergierenden Konjunkturzyklen beeinträchtigt werden sollten als Large Caps.

Investitionen in Small Caps bergen ganz eigene Risiken und sind tendenziell schwankungsanfälliger als Large-Cap-Aktien. Nichtsdestotrotz können Small-Cap-Werte mit attraktivem Gewinnwachstum einhergehen, auch wenn der Anteil unrentabler Unternehmen in diesem Segment höher ist als bei Large Caps. Dies liegt daran, dass die unrentablen Unternehmen auf einige wenige Sektoren wie Biotechnologie und Software konzentriert sind, während die profitablen Unternehmen über eine Vielzahl von Sektoren hinweg ihre Margen und Cashflows steigern. Darüber hinaus bietet sich aktiven Managern im Small-Cap-Segment aufgrund der geringeren Researchanalysen und Abdeckung durch Analysten die Gelegenheit, unterbewertete „versteckte Schätze“ aufzuspüren und positives Zusatzertragspotenzial zu erschließen. Globale Multi-Asset-Anleger sollten Small Caps außerdem im Kontext der geringeren Korrelation mit globalen Aktienindizes als Large Caps sowie ihrer potenziellen Diversifikationsvorteile innerhalb eines breiteren Multi-Asset-Portfolios betrachten.

Den Herausforderungen der Aktienmarktkonzentration die Stirn bieten

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die hohe Konzentration am Aktienmarkt eine Herausforderung für das Risikomanagement darstellt und dem gesamten Anlegerspektrum schwierige Portfoliomanagement-Entscheidungen abverlangt. Ein Barbell-Ansatz, der neben Large-Cap-Technologieaktien auch Small Caps einbezieht, könnte Multi-Asset-Anlegern ein Mittel an die Hand geben, um das Konzentrationsrisiko zu steuern und eine ausgewogenere Risikoverteilung zu erreichen, und zugleich die Partizipation an einer anhaltenden Outperformance der Glorreichen Sieben ermöglichen.

1Quelle: S&P, Juni 2024 | 2Quelle: Bloomberg, Mai 2024 | 3Dieser Sachverhalt wurde in der wissenschaftlichen Forschung von Professoren wie Eugene Fama und Ken French umfassend dokumentiert; aus historischer Sicht verbuchten Small Caps in zurückliegenden 10-Jahres-Zeiträumen stets eine bessere Wertentwicklung als Large Caps, mit nur drei Ausnahmen (Mitte der 1950er, Anfang der 1990er und heute), Quelle: Datenbibliothek von Professor Kenneth French.
http://mba.tuck.dartmouth.edu/pages/faculty/ken.french/index.html

Experte

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John Mullins

Investment Director