Das makroökonomische Umfeld, das in den letzten 25 Jahren das Fundament der globalen Finanzmärkte gebildet hat, ist eindeutig im Wandel, was tiefgreifende Auswirkungen auf die Art und Weise haben könnte, wie Anleger über Anlagenpreise und Marktstrukturen nachdenken sollten. Wir sind sogar der Meinung, dass diese Neuordnung der makroökonomischen Rahmenbedingungen – die man durchaus mit einem „Regimewechsel“ gleichstellen könnte – an vielen der seit langem vorherrschenden Investment-Annahmen rütteln (und diese womöglich sogar aufheben) könnte.
Nirgendwo wird das so deutlich wie an der globalen Inflations- und Zinsfront. Die sogenannte Ära des „billigen Geldes“ (ein Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, der von historisch niedriger Inflation und einer ultralockeren Geldpolitik geprägt war) ist vorüber.
Neue Realität: strukturell höhere und volatilere Inflation
Die weltweit zu beobachtende strukturelle Inflation bildet die Grundlage für unsere These, dass sich ein „Regimewechsel“ anbahnt. Genaugenommen vertreten wir diese Überzeugung schon seit mehr als einem Jahr – auch wenn der Markt und die Zentralbanken währenddessen meist davon ausgingen, dass sich die wieder erstarkte Inflation lediglich als „vorübergehend“ erweisen würde. Unsere Researcharbeit des Jahres 2021 war zu dem Schluss gekommen, dass die Inflation künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit hartnäckig höher und deutlich volatiler ausfallen würde als erwartet. Einige, wenn auch nicht alle, der langjährigen Ursachen für eine niedrige und stabile Inflation sind inzwischen zu einem gewissen Grad in ihr Gegenteil umgekehrt worden. Insbesondere beobachten wir heute tektonische Verschiebungen in Richtung einer geringeren Globalisierung, einer stärkeren Regionalisierung und einer Reihe neuer politischer Ziele (wozu auch die Dekarbonisierung zählt), die eine aktivere Finanzpolitik erfordern. All diese Entwicklungen werden unserer Meinung nach eher zu einer höheren Inflation als zu einem stärkeren Trendwachstum führen.
Allgemein formuliert dürfte das globale makroökonomische Umfeld von nun an eher an das Kapitalmarktumfeld vor dem Jahr 1995 (und weniger an die Bedingungen danach) erinnern. Ein besonders auffälliges Merkmal der letzten 25 Jahre war die allgemein niedrige makroökonomische Volatilität, und zwar sowohl in Bezug auf das BIP-Wachstum als auch die Inflation, auch wenn es zwischenzeitlich einige tiefe Rezessionen gab (Abbildung 1). Wir sind der Meinung, dass wir in eine Welt zurückkehren, in der das BIP-Wachstum und die Inflation wieder stärker schwanken werden – ähnlich wie wir es in der Zeit ungefähr von Mitte der 1960er bis Ende der 1980er Jahre erlebt haben. In dieser Zeit traten Wirtschafts- und Konjunkturzyklen tendenziell häufiger auf und waren stärker ausgeprägt.