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Sind die Umfragewerte zur US-Wahl nun ein zentraler Einflussfaktor für die Anleiherenditen?

Michael Medeiros, CFA, Macro Strategist
3 Min. Lesezeit
2024-11-30
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Der Parteitag der Republikaner (Republican National Convention (RNC)) im Juli lieferte wenig neue Informationen zur Parteiplattform oder dazu, wie eine zweite Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Donald Trump aussehen könnte. Stattdessen konzentrierten sich die Schlagzeilen in der Woche des Parteitags größtenteils auf die politische Zukunft von Präsident Biden. Diese Frage wurde am Sonntag (21. Juli) beantwortet, als sich Biden aus dem Wahlkampf zurückzog und Vizepräsidentin Kamala Harris als neue Präsidentschaftskandidatin vorschlug.

Welche Implikationen hatte der RNC für Anleger? Auf kurze Sicht dürfte der Markt meines Erachtens extrem sensibel auf Anzeichen reagieren, dass die Wahrscheinlichkeit eines Trump-Siegs ihren Höhepunkt überschritten hat. Ein neues Kandidatenduo der Demokraten könnte meiner Ansicht nach kurzfristig für entsprechende Unsicherheit sorgen, obschon die Demokraten weiterhin mit grundlegenden Herausforderungen zu kämpfen haben.

Für den Anleihenmarkt bleibt die Wahl ein zentraler Impuls aufgrund der Unterschiede zwischen den beiden Parteien, was angebotsseitige Themen wie Handel und Einwanderung sowie die Steuer- und Regulierungspolitik betrifft. Eine höhere Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Mehrheiten in der Exekutive und den beiden Kammern des US-Kongresses (Legislative) könnte niedrigere Renditen zur Folge haben, wenn sich die Märkte auf potenziell höhere Steuern für 2026 fokussieren, verglichen mit einer Mehrheit der Republikaner sowohl in der Exekutive als auch der Legislative, was den gegenteiligen Effekt hätte. Meine zyklischen Analysen lassen weiterhin einen Rückgang der Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen erwarten, während meine strukturelle Researcharbeit nach wie vor signalisiert, dass längerfristig deutlich höhere Renditen erforderlich sind.

Doch wie geht es nun weiter? Meines Erachtens gibt es mit Harris als neuer Präsidentschaftskandidatin sowohl potenzielle Vor- als auch Nachteile. Auf der positiven Seite könnte sie die Sorgen der Parteibasis der Demokraten bezüglich Bidens fortgesetzter Tauglichkeit für das Amt ausräumen. Trump schneidet zudem zwar bei Themen wie Konjunktur, Einwanderung und Außenpolitik besser als alle möglichen Kandidaten der Demokraten ab, diese liegen aber bei dem Thema reproduktive Rechte vorn. Dies war der wichtigste Faktor beim Erfolg der Demokraten in allen Nachwahlen und den Zwischenwahlen seit der Entscheidung des US-Verfassungsgerichts zur Außerkraftsetzung des nationalen Abtreibungsrechts. Kamala Harris könnte eine deutlich lautere und effektivere Fürsprecherin für die reproduktiven Rechte von Frauen sein. Dieses Thema stärker in den Fokus zu rücken, ist notwendig, aber möglicherweise nicht genug, um die Erfolgschancen der Demokraten zu verbessern. Aktuelle Umfragen zu Harris gegen Trump zeigen, dass Harris in wichtigen „swing states“ (Bundesstaaten ohne klare Siegchancen einer bestimmten Partei) zwar hinter Trump liegt, allerdings um ein bis zwei Prozentpunkte weniger als dies für Biden der Fall war. Neue Kandidaten für die Demokraten könnten auch dabei helfen, die Lücke beim Wählerenthusiasmus zu schließen – hier liegt Trump derzeit fast im Verhältnis 2:1 vorne – und entsprechend auch die Unterstützung in der Wählergruppe von 18 bis 29 Jahren stärken, in der das vormalige Kandidatenduo Biden/Harris ca. 20 Punkte hinter den Ergebnissen im Jahr 2020 lag.

Auf der Negativseite hat sich Harris bislang als eine weniger attraktive Kandidatin für das oberste Amt erwiesen (sie hatte bereits 2020 kandidiert), mit einer relativ bescheidenen Bilanz als Senatorin und Vizepräsidentin.Darüber hinaus könnte sie aufgrund der Tatsache, dass Biden in einer Position der Schwäche und nicht der Stärke zurückgetreten ist, mit diesem Misserfolg in Verbindung gebracht werden. Wenn sich die Lage wieder etwas beruhigt hat, dürften die Demokraten weiterhin mit den Themen Inflation und Einwanderung zu kämpfen haben. Vor der Präsidentschaftsdebatte waren diese beiden Themen der Hauptgrund für den hartnäckigen Umfragevorteil von Trump. Der nächste große Schritt für die Demokraten wird die Wahl eines Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten sein. Angesichts vieler verschiedener Möglichkeiten wird das „Electoral College“ (Wahlmännergremium) bei dieser Wahl vermutlich besonders stark ins Gewicht fallen.

Die letzten Wochen waren positiv für Donald Trump. Die Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs ist für ihn deutlich gestiegen. Für den Markt ist dies eindeutig auch keine Überraschung mehr. Es lohnt sich daher darüber nachzudenken, wodurch sich dies möglicherweise kurzfristig ändern könnte. Wir werden genau beobachten, ob Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin und die Wahl eines neuen Vizepräsidentschaftskandidaten für die Demokraten genau dies bewirken könnten.

Experte

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Michael Medeiros

, CFA

Macro Strategist