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Rentenmarktausblick 2023

Ausblick für Emerging-Markets-Anleihen: Ist das Glas halb voll oder halb leer?

Gillian Edgeworth, Macro Strategist
2023-12-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autors bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert eines Investments kann gegenüber dem Zeitpunkt des ursprünglichen Investments steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Kurz zusammengefasst: ungewisser Ausblick nach einem turbulenten Jahr

2022 war für die Kapitalmärkte ein turbulentes Jahr, in dem viele Anleger vor die Herausforderung gestellt wurden, den zunehmenden Inflationsdruck, einen rapiden Anstieg der Rohstoffpreise, eine Beschleunigung der Zinserhöhungen, Sorgen über eine mögliche Rezession und eine Vielzahl geopolitischer Risiken gegeneinander abzuwägen.

Die Inflation dürfte zwar weltweit hoch bleiben, wir gehen jedoch davon aus, dass sie sich 2023 zunächst auf einem erhöhten Niveau einpendeln und anschließend allmählich zurückgehen wird, während straffere Finanzbedingungen und weniger Engpässe in den Lieferketten allmählich ihre Wirkung zeigen. Das globale Wachstum kühlt sich langsam ab, da die positiven fiskalpolitischen Impulse nachlassen, während höhere Zinssätze die Kreditvergabe belasten. In den Industrieländern dürfte das Tempo der Zinserhöhungen künftig zwar zurückgehen, die Rücknahme der geldpolitischen Konjunkturmaßnahmen durch die dortigen Zentralbanken dürfte sich jedoch auf kurze Sicht fortsetzen. China könnte das weltweite Wachstum durchaus beleben, da die größten Städte des Landes die Lockdowns zur Bekämpfung der Pandemie allmählich hinter sich lassen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob das Land bei künftigen Virusausbrüchen an seiner „Null-COVID“-Politik festhalten wird. Da Russland seinen Krieg in der Ukraine unbeirrt fortsetzt, dürften die Energiepreise hoch bleiben, insbesondere in Europa.

Ein schwieriges globales Umfeld für die Emerging Markets

Die Kombination dieser makroökonomischen Faktoren belastet das Wirtschaftswachstum der Emerging Markets, nachdem diese zuvor auf breiter Front von einer Erholung der globalen Nachfrage im Zuge der wirtschaftlichen Wiedereröffnungen nach der Coronapandemie profitiert hatten. Ähnlich wie in anderen Ländern haben die globalen Energie- und Nahrungsmittelpreisschocks auch in den Emerging Markets die Gesamtinflation in die Höhe getrieben. Der „Terms of Trade“-Rohstoffpreisschock ist für rohstoffexportierende Emerging-Markets-Länder positiv, für Rohstoffimporteure jedoch von Nachteil.

Einige EM-Länder sind dank stärkerer Fundamentaldaten und eines leichteren Zugangs zu Finanzierungsmöglichkeiten besser aufgestellt, um diesen Herausforderungen zu trotzen. Andere hingegen haben mit einer höheren Schuldenlast zu kämpfen, sodass auf innenpolitischer Ebene derzeit nur begrenzter Handlungsspielraum besteht. Eine weitere Variable, die es genau zu beobachten gilt, betrifft die Wahlzyklen einzelner Länder, da sie sich sowohl auf die politische Stabilität als auch auf die wirtschaftliche Erholung in den Industrieländern (z.B. die bevorstehenden Zwischenwahlen in den USA) sowie in wichtigen EM-Ländern wie Brasilien und der Türkei auswirken können. Dieses ungewisse globale Umfeld hat zu einer extremen Streuung der Credit Spreads in den einzelnen Ländern geführt (Abbildung 1), was aus unserer Sicht attraktive Chancen für eine aktive Anlageverwaltung eröffnet.

Zu den Signalen, bei denen wir genau auf eine mögliche positive Wende achten, zählen nachlassende geopolitische Spannungen, ein Rückgang der Belastungen durch die Inflation, ein Erreichen des Höhepunkts der Leitzinsen (Terminal Rate) und eine mögliche allmähliche Verbesserung des Wachstums in China. All diese Faktoren würden dazu beitragen, das Ausmaß der erforderlichen geldpolitischen Straffung zu verringern und die Wachstumsbeeinträchtigung auf globaler Ebene und in den Emerging Markets zu begrenzen.

Abbildung 1
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Das Umfeld für EM-Anleihen hellt sich auf

Die Credit Spreads von sowohl Staats- als auch Unternehmensanleihen der Emerging Markets haben sich parallel zu denen anderer Rentenwerte ausgeweitet. Nachdem sie sich im Zuge des russischen Einmarsches in die Ukraine über mehrere Monate hinweg unterdurchschnittlich entwickelt hatten, haben sie nun ein Niveau erreicht, bei dem die Bewertung womöglich eine mehr als angemessene Entschädigung für den negativen Schock bietet. Diese niedrigeren Bewertungen könnten Anlagechancen eröffnen, die durch eingehende länderspezifische Analysen und eine Titelauswahl auf Relative-Value-Basis genutzt werden können. So erscheinen beispielsweise die Fundamentaldaten vieler Emittenten von Unternehmensanleihen aus den Sektoren Öl und Gas, Telekommunikation, Versorgung und Infrastruktur in den Emerging Markets besonders robust.

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags waren die meisten EM-Zentralbanken ihren Pendants aus den Industrieländern ein gutes Stück voraus und hatten ihre Zinsen bereits deutlich angehoben, wodurch die Renditen an den Lokalwährungsmärkten der Emerging Markets auf ein attraktives Niveau gestiegen waren. Der Zinserhöhungszyklus hat sich aufgrund der inflationären Auswirkungen des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine unerwartet in die Länge gezogen. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Ländern ist in diesem Zusammenhang wichtig, da die geldpolitischen Reaktionen unterschiedlich ausgefallen sind, wobei sich einige Emerging Markets (beispielsweise in Lateinamerika) bereits dem Ende ihrer Zinserhöhungszyklen nähern. Während sich die globale Wirtschaftstätigkeit allmählich normalisiert, die fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen auslaufen und die Zentralbanken Liquidität abziehen, sollte der Inflationsdruck allmählich zurückgehen. Dies würde den politischen Entscheidungsträgern in den Emerging Markets größere Flexibilität bieten, ihre Zinsen zunächst zu stabilisieren, bevor sie auf einen direkten Lockerungszyklus umschwenken – insbesondere in Anbetracht der in vielen EM-Ländern vorherrschenden Überkapazitäten.

Was die Entwicklung der EM-Währungen anbelangt, beobachten wir mehrere gegenläufige Faktoren, darunter der Aufwärtstrend des US-Dollar (USD) sowie die Zinsvolatilität, nachdem sich zahlreiche Anleger in vermeintlich „sichere Anlagen“ geflüchtet haben. Auf längere Sicht gehen wir davon aus, dass proaktive Maßnahmen der Zentralbanken vieler Emerging-Markets-Länder und ein größeres Außenhandelsdefizit der USA (die Handelsbilanz der EM-Länder ist in den letzten zwölf Monaten in rasantem Tempo in ein Defizit abgerutscht) den EM-Währungen Unterstützung bieten werden.

Darüber hinaus deuten die technischen Daten der EM-Lokalwährungsmärkte darauf hin, dass der Anteil ausländischer Anleger generell zu niedrig ist, was auf eine geringere Nachfrage bei eher gedämpftem Angebot schließen lässt. Die Neuemissionsvolumina von EM-Unternehmensanleihen lagen zuletzt deutlich unter ihrem historischen Durchschnitt und werden voraussichtlich weiterhin niedrig bleiben. Dieses verringerte Angebot bietet zwar Unterstützung, vermindert jedoch auch die Liquidität, was weitere Geld-Brief-Spannen zur Folge hat. Die Kapitalabflüsse haben sich im dritten Quartal beschleunigt, wobei zuletzt Anzeichen für eine Verlangsamung zu erkennen waren. Hartwährungsfonds haben höhere Abflüsse und ein geringeres Interesse von Crossover-Investoren verzeichnet, während die Abflüsse im Lokalwährungssegment vor allem von regionalen Anlegern dominiert wurden.

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