iStrat ist die Gruppe für Investmentstrategien und -lösungen bei Wellington. Wir sind – wie auch unsere Kunden – Investoren, die Allokationsentscheidungen treffen. Worauf sollte also der Anlageschwerpunkt unserer Meinung nach im kommenden Jahr liegen? Im Folgenden gehe ich auf drei Bereiche ein, die für mich im Vordergrund stehen:
1. Suche nach Möglichkeiten zur Reduzierung von Verlustrisiken aufgrund der weiterhin instabilen Korrelation zwischen Aktien und Anleihen
Während der letzten Jahrzehnte hat die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen vielen Allokationen ein sehr ausgeglichenes Profil verschafft. Im vergangenen Jahr allerdings tendierten beide Märkte abwärts – und durch diese positive Korrelation hat sich die Beziehung von Aktien und Anleihen grundlegend geändert. Diente sie früher noch der Risikominderung, so verstärkt sie nun das Risiko.
Wie unser Team in einem kürzlich erschienenen Artikel erläutert, war die Umkehr der Korrelation durch das sich verändernde wirtschaftliche Umfeld bedingt. In den letzten zehn Jahren sind die Märkte zu der Annahme gelangt, dass die Zentralbanken auf jegliche Verschlechterung der makroökonomischen Bedingungen mit Zinssenkungen reagieren und dabei – wie es der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi einmal ausdrückte – „alles Erforderliche tun“ würden. Dies trug dazu bei, die negative Korrelation aufrechtzuerhalten: Eine schwache Wirtschaftslage ist schlecht für Aktien, aber günstig für die Duration, wenn als Reaktion darauf die Zinsen gesenkt werden. Nun sehen sich die Zentralbanken jedoch mit einer höheren Inflation konfrontiert, was sie möglicherweise vor eine schwierige Wahl stellt: Sollen sie die Geldpolitik lockern, wenn sich die Wirtschaftsaussichten verschlechtern, oder die Zinsen erhöhen, um die Inflation in den Griff zu bekommen? In einem solchen Umfeld werden sich Anleihen schwertun – insbesondere, wenn der Eindruck vorherrscht, dass die Zentralbanken bei der Bekämpfung der Inflation hinterherhinken.
Wir sind der Meinung, dass die Inflation weiterhin eine Herausforderung darstellen wird, auch wenn sie wieder gegenüber dem aktuellen 40-Jahres-Hoch zurückgeht. Zentralbanken und Regierungen werden gezwungen sein, sich diesem Spannungsfeld zwischen Wachstum und Inflation zu stellen. Auch wenn Anleihen aufgrund ihres Potenzials für regelmäßige Einkünfte, Liquidität und die Steigerung der Gesamtrenditen weiterhin eine wichtige Rolle in Portfolios spielen dürften, könnte die hohe Inflation ihre Diversifizierungs- und Absicherungsfunktion beeinträchtigen. Um sich darauf vorzubereiten, sollten Anleger Strategien in Betracht ziehen, die die Schutzfunktion von Anleihen ergänzen können. Hier einige Beispiele:
- Defensive Hedgefonds-Allokationen: Unser Fundamental Factor Team hat untersucht, wie Hedgefonds potenziell dazu beitragen können, die gleichen Aufgaben wie herkömmliche Rentenallokationen zu erfüllen. Seine Analysen kommen zu dem Ergebnis, dass Makro-Hedgefonds in verschiedenen Zinsszenarien womöglich am besten aufgestellt sein könnten, um die Diversifizierungs- und Absicherungsmerkmale zu liefern, die traditionell von Anleihen erwartet werden (den Research-Bericht des Teams finden Sie hier).
- Defensive Aktienallokationen: Während Anleger nach Möglichkeiten suchen, ihre risikoorientierten Allokationen zu nutzen, um die verminderten Diversifizierungs- und Absicherungseigenschaften von Anleihen zu kompensieren, beobachten wir ein neuerliches Interesse an defensiven Aktienallokationen als Ergänzung zu Wachstums- und Substanztiteln. Viele dieser Positionen haben sich im Jahr 2022 gut entwickelt.
- Aktive Risikokontrolle: Ein weiterer Teil der Lösung könnte darin bestehen, das Risikoniveau in einem Portfolio gezielter zu steuern. Ein Ansatz, den unser Multi-Asset-Team für prüfenswert hält, ist die aktive Anpassung von Portfolio-Absicherungspositionen, wenn die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit eines Marktabschwungs schwankt. Wenn beispielsweise die Wahrscheinlichkeit eines kurzfristigen Rückgangs erhöht ist, können verschiedene Schutzstrategien (z.B. Optionen, Beta-Hedging, Volatilitätskontrollmechanismen) eingesetzt werden, um möglicherweise einen Teil der Kursverluste zu mindern, selbst wenn die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen weiterhin positiv ist.