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Rentenmarktausblick zur Mitte des Jahres 2024

Wie Sie von Zinsänderungen profitieren: eine Chancenanalyse für das zweite Halbjahr

Campe Goodman, CFA, Fixed Income Portfolio Manager
Amar Reganti, Fixed Income Strategist
7 min Lesen
2025-06-30
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen der Autoren zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Dies ist ein Auszug aus unserem Investmentausblick, in dem Spezialisten aus verschiedenen Bereichen unserer Investmentplattform ihre Einblicke in die Wirtschafts- und Marktkräfte vorstellen, die aus unserer Sicht die Entwicklung von Portfolios beeinflussen werden.

Ein weltweiter Trend zu einer Lockerung der Geldpolitik durch die Zentralbanken hat sich in der Vergangenheit in der Regel für Rentenanleger ausgezahlt. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 hat sich dieser Rückenwind jedoch abgeschwächt, da robuste Konjunkturdaten die Zinssenkungserwartungen gedämpft haben. Anfang des Jahres war noch allgemein erwartet worden, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen deutlich senken würde, um Wachstumsrisiken entgegenzuwirken. Die Terminmärkte hatten Zinssenkungen um 150 Basispunkte (Bp.) bis zum Jahresende eingepreist. Angesichts der anhaltenden Inflation und der robusten Verbraucherausgaben werden nun zu Beginn des zweiten Halbjahres 2024 nur noch Zinssenkungen von rund 50 Bp. erwartet. Diese Ungewissheit über die Geldpolitik in Verbindung mit geopolitischen Spannungen und den bevorstehenden US-Wahlen könnte zu Marktvolatilität führen und damit Möglichkeiten für eine aktive Sektorrotation und ein aktives Durationsmanagement bieten. 

Wird die Fed die Zinsen senken?

Die jüngsten Daten haben mehrere Zentralbanken, darunter die Europäische Zentralbank, die Bank of Canada und die Schweizerische Nationalbank, dazu veranlasst, die Zinsen in diesem Jahr zu senken. In den USA hat die unerwartet hohe Inflation die Fed jedoch gezwungen, zwei Aspekte ihres Mandats gegeneinander abzuwägen: Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Das BIP-Wachstum der USA fiel im ersten Quartal schwächer aus als erwartet, und die Stimmungsindikatoren für das verarbeitende Gewerbe und das Verbrauchervertrauen sind ins Stocken geraten. Der Arbeitsmarkt sendet gemischte Signale: Weniger offene Stellen und niedrigere Löhne stehen einem kräftigen Beschäftigungswachstum und einer niedrigen Arbeitslosenquote von 4,0% gegenüber.

Obwohl die Inflation von ihrem Höchststand im Jahr 2022 zurückgegangen ist, lag der von der Fed bevorzugte Inflationsindikator, der Kern-Index der persönlichen Konsumausgaben (Core PCE), im April bei 2,8% gegenüber dem Vorjahr (Abbildung 1). Wir gehen davon aus, dass sich die Inflation in der Nähe von 3% und damit über dem Ziel der Fed von 2% einpendeln könnte. Bei einer anhaltend hohen Inflation werden die geldpolitischen Entscheidungsträger entscheiden müssen, ob sie den Wachstumsrisiken oder ihrer Glaubwürdigkeit bei der Inflationsbekämpfung Vorrang einräumen. Wir gehen von einer stabilen Wachstums- und Arbeitsmarktsituation aus, weshalb die Fed die Markterwartungen für Zinssenkungen in diesem Jahr wohl nicht erfüllen wird.

Abbildung 1
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Die Renditen dürften sich in einer festen Spanne bewegen

Die Inflation wird auch weiterhin eine entscheidende Rolle bei der zu erwartenden Richtung der Zinssätze und der Performance von Credit-Sektoren spielen. Sofern größere Schocks ausbleiben, dürfte eine stabile Inflation zu einer geringeren Zinsvolatilität führen, mit weiterhin recht stabilen Renditen von US-Staatsanleihen. In den meisten Industrieländern bieten attraktive laufende Renditen den Anlegern die Möglichkeit, ihre Geldmarktanlagen zu reduzieren. Die Geldmarktzinsen sind zwar attraktiv, viele Anleiheportfolios bieten derzeit jedoch höhere Renditen als liquide Mittel. 

Darüber hinaus gibt es Risiken im Zusammenhang mit der Anlage in liquiden Mitteln, wie das Wiederanlagerisiko und das Durationsrisiko. Unter Wiederanlagerisiko verstehen wir die Möglichkeit, dass die kurzfristigen Zinssätze, insbesondere bei einem Konjunkturabschwung, schnell sinken und so eine Wiederanlage der Zinserträge zu niedrigeren, weniger attraktiven Zinssätzen erforderlich machen. Das Durationsrisiko ist das Risiko, das Anleger eingehen, wenn sie in Anleihen mit kurzer Laufzeit investieren. Sinkende Zinsen führen bei Anleihen mit längeren Laufzeiten in der Regel zu Kursgewinnen, die diesen Anlegern dann entgehen.  

Rentenanlagen mit hoher Kreditqualität haben in der Vergangenheit meist eine wichtige Rolle bei der Diversifizierung von Anlegerportfolios gespielt. Anleihen mit längeren Laufzeiten dienen häufig als Gegengewicht zu Aktien und haben historisch betrachtet in Zeiten fallender Aktienmärkte Wertzuwächse gezeigt. 

Beibehaltung einer konservativen Kreditrisikopositionierung 

Die Spreads in den meisten Anleihesektoren sind im historischen Vergleich nach wie vor eng, und das Potenzial für eine weitere Einengung ist begrenzt. Wir erwarten ein moderates Wirtschaftswachstum und starke Fundamentaldaten der Unternehmen. Im Vergleich zu früheren Straffungszyklen haben sich die Volkswirtschaften als widerstandsfähiger gegenüber höheren Zinsen erwiesen. Wir rechnen nicht mit der für Abschwünge typischen deutlichen Ausweitung der Spreads, erwarten aber Schwächephasen, die Gelegenheiten zur Erhöhung des Risikos bieten sollten. Die hohen laufenden Renditen dürften die Nachfrage nach Anleihen weiter stützen. Die Bewertungsunterschiede zwischen den einzelnen Rentensektoren und Regionen werden aufmerksamen Anlegern die Möglichkeit bieten, von Marktverwerfungen zu profitieren.

Suche nach Wertschöpfungspotenzial jenseits der traditionellen Credit-Märkte 

Einige Credit-Sektoren, die wir in der Vergangenheit bevorzugt haben, bieten derzeit ein geringeres Wertschöpfungspotenzial. Die Spreads von Investment-Grade- und High-Yield-Unternehmensanleihen sind eng, und bei auf Hartwährungen (d.h. US-Dollar und Euro) lautenden Staatsanleihen von Schwellenländern sind historisch enge Spreads zu beobachten. Nachranganleihen europäischer Banken (Contingent Convertibles oder „CoCo-Bonds“) haben sich gut entwickelt, bieten derzeit aber ein weniger attraktives Risiko-Rendite-Profil. 

Bessere Chancen sehen wir in Verbriefungssektoren, die an den US-Verbraucher- und Wohnimmobilienmarkt gekoppelt sind. Echte Wandelanleihen (im Kontrast zu CoCo-Bonds) dürften aufgrund ihrer aktiengebundenen Performance attraktiv sein und in positiven Szenarien Unternehmensanleihen mit engen Spreads übertreffen. Abbildung 2 zeigt mögliche Szenarien zur Prognose der Zusätzerträge. 

Abbildung 2
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Wo sehen wir überzeugende Risiko-/Rendite-Chancen?

  • Wandelanleihen: Im Vergleich zu anderen High-Yield-Sektoren erscheinen Wandelanleihen attraktiv, da sie das Potenzial haben, sich in einem negativen Risikoumfeld ähnlich wie andere Anlageklassen zu entwickeln und in einem positiven Szenario eine deutlich bessere Performance zu erzielen. Wandelanleihen können auch zur sektoralen Diversifizierung vieler Rentenportfolios beitragen, da sie ein Engagement in Sektoren wie Technologie und Biowissenschaften ermöglichen, die an den traditionellen öffentlichen Rentenmärkten nicht gut vertreten sind. 
  • Agency-Mortgage-Backed-Securities (MBS): MBS weisen im Vergleich zu Unternehmensanleihen attraktive Spreads auf und dürften durch die wieder anziehende Nachfrage der Banken und stabile Zinsen gestützt werden.
  • Auf Kfz-Kredite ausgerichtete forderungsbesicherte Wertpapiere (Auto-ABS): Die Kreditvergabestandards für Autokäufer haben sich im vergangenen Jahr deutlich verschärft, während sich die Spreads für Auto-ABS ausgeweitet haben. Unseres Erachtens stellen Auto-ABS, insbesondere solche mit Fokus auf Subprime-Kfz-Kredite, eine unterschätzte Chance an den Anleihemärkten dar.
  • Auf Wohnimmobilien ausgerichtete MBS (RMBS): Die wichtigste fundamentale Variable für die Wertentwicklung von RMBS ist die Wertsteigerung von Eigenheimen. Strukturelle Angebotsengpässe bei Wohnimmobilien und eine aufgestaute Verbrauchernachfrage nach neuen Häusern in den USA bedeuten, dass die Hauspreisentwicklung robust bleiben dürfte.

Welche Sektoren sind für uns weniger attraktiv? 

  • Investment-Grade-Unternehmensanleihen mit langer Laufzeit: Die engen Spreads sind das größte Hindernis für die weitere Performance von Unternehmensanleihen. Zudem könnten bei Investment-Grade-Unternehmen die Margen unter Druck geraten, da die Preissetzungsmacht abnimmt. 
  • Staatsanleihen von Schwellenländern: Die sogenannten Emerging Markets haben zwar vom soliden globalen Wachstum profitiert, doch der Spielraum für eine weitere Spreadeinengung ist begrenzt. Die Spreads von Hartwährungstiteln sind sehr eng, insbesondere bei Emittenten mit Investment-Grade-Rating.
  • Contingent Convertible Securities (CoCo-Bonds): CoCo-Bonds haben seit ihren Tiefstständen im vergangenen Jahr nach der Insolvenz der Credit Suisse wieder deutlich an Wert gewonnen. Wir haben keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber europäischen Finanzwerten, sie sind jedoch nicht mehr so attraktiv bewertet wie noch vor einem Jahr.

Vorbereitung auf wahlbedingte Volatilität

Die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl und die anhaltenden geopolitischen Spannungen dürften für Volatilität an den Märkten sorgen. Unabhängig vom Wahlausgang sind wir optimistisch, was die Widerstandsfähigkeit der Märkte angeht, und bevorzugen in Phasen erhöhter Volatilität im Vorfeld der Wahl den Kauf von Risikoanlagen. 

Anleger sollten wachsam und proaktiv bleiben und bereit sein, von Marktverwerfungen zu profitieren, sobald diese auftreten. Dieses Umfeld erfordert ein flexibles und dynamisches Vorgehen, bei dem unterschiedliche Anlagechancen mit attraktiven Renditen genutzt und Risiken umsichtig gemanagt werden. Wenn Anleger flexibel bleiben und ihre Portfolios strategisch positionieren, können sie die Marktunsicherheit in einen wichtigen Vorteil umwandeln und sowohl die laufenden Renditen als auch ihren Gesamtertrag im Jahr 2024 steigern.

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