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Multi-Asset-Ausblick zur Jahresmitte 2024

Allzeithochs und Inflation: Was kommt als Nächstes?

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14 Min. Lesezeit
2025-01-08
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen der Autoren zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Dies ist ein Auszug aus unserem Investmentausblick, in dem Spezialisten aus verschiedenen Bereichen unserer Investmentplattform ihre Einblicke in die Wirtschafts- und Marktkräfte vorstellen, die aus unserer Sicht die Entwicklung von Portfolios beeinflussen werden.

Kernaussagen

  • Die weltweiten Fundamentaldaten sehen aus Wachstums-, Inflations- und geldpolitischer Perspektive positiv aus und unterstützen eine risikofreudige Tendenz trotz der hohen Bewertungen und der politischen Unsicherheit. Ob sich die Inflation auf einem niedrigeren Niveau einpendelt, bleibt offen; die Notenbanker sind aber auf Lockerungskurs.
  • Wir halten an einer leichten Übergewichtung globaler Aktien fest und würden bei Anzeichen, dass sich die Aktienmarktgewinne über die Mega-Caps hinaus ausweiten, zu einer noch positiveren Einschätzung gelangen. Außerdem erwarten wir, dass sich das Gewinnwachstum über verschiedene Regionen ausdehnt, was sich in unserer neutralen regionalen Haltung widerspiegelt. 
  • Wir empfehlen nun eine moderate Durationsübergewichtung, bedingt durch die Anzeichen einer Wachstums- und Inflationsverlangsamung, die Lockerungstendenz der US-Notenbank und den Marktkonsens, dass mit weniger Zinssenkungen als im zweiten Quartal zu rechnen ist. Die Spreads sind noch immer eng, was wir über unsere High-Yield-Empfehlung ausdrücken. 
  • Bei Rohstoffen empfehlen wir eine leichte Übergewichtung, und zwar über den Ölsektor, in dem die Angebots-/Nachfragedynamik und der Carry positiv sind. 
  • Abwärtsrisiken für unsere Einschätzungen sind ein erneuter Anstieg der Inflation, politische Turbulenzen in den USA oder Europa und eine Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten. Zu den Aufwärtsrisiken zählen eine Fortsetzung der Disinflation, die aggressivere Zinssenkungen zur Folge hätte, unerwartet hohe Gewinne jenseits der Mega-Cap-Technologieunternehmen und eine Beilegung des Gaza-Konflikts.
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Während die wirtschaftlichen Fundamentaldaten die Märkte verhältnismäßig ruhig stimmen, nehmen die politischen Unruhen in diesem wichtigen Wahljahr zu. Ob sich dies nachhaltig auf die Märkte auswirken wird, ist aber eine andere Frage. Wir scheuen es, politische Ergebnisse vorherzusagen. Mehr Vertrauen haben wir da in unsere Einschätzung, dass die fundamentalen Rahmenbedingungen — mit einem recht guten Wachstum, einer nachlassenden Inflation und einer glaubwürdigen Geldpolitik — von Bestand sein werden und trotz der hohen Bewertungen ein günstiges Umfeld für risikoreiche Anlagen schaffen. In den USA sehen wir Anzeichen für eine Wachstumsverlangsamung und etwas weniger freie Stellen an den Arbeitsmärkten. Die Inflation hält sich im Dienstleistungssektor noch immer hartnäckig, insbesondere im Wohnimmobilienbereich, befindet sich aber in einem Abwärtstrend. Das versetzt die US-Notenbank Fed in die Lage, die geldpolitischen Zügel früher oder später zu lockern, wodurch Aktien und Anleihen Unterstützung erhalten sollten. 

Selbstverständlich darf auch das politische Geschehen nicht außer Acht gelassen werden. So versetzten der Erfolg der französischen Rechtspopulisten bei der Europawahl und die Ankündigung von Präsident Macron, die Wahlen vorzuziehen, die Anleihemärkte letzten Monat in Aufruhr. Die populistischen Ausgabenvorschläge des Rassemblement National, gepaart mit einem französischen Haushaltsdefizit von 5,5 Prozent des BIP, trieben die Renditedifferenz zwischen zehnjährigen französischen und deutschen Anleihen auf das höchste Niveau seit Anfang 2017, als Frankreichs Haushaltsprobleme zuletzt auf den Plan traten. Allerdings glauben wir nicht, dass daraus ein systemisches Problem erwächst, und zwar aus mehreren Gründen. Erstens sehen wir keine Gefahr, dass die EU auseinanderbricht, obschon die Haushaltsregeln und der institutionelle Aufbau der Währungsunion vor Herausforderungen stehen. Zweitens können die Märkte den Politikern Disziplin auferlegen, wenn die Haushaltspolitik als zu verschwenderisch angesehen wird, wie 2022 in Großbritannien, 2017 in Frankreich und 2015 in Griechenland geschehen. Und selbst wenn es zu einer Krise käme, würde die Europäische Zentralbank (EZB) ab einem gewissen Anstieg der Risikoprämien vermutlich als Käufer der letzten Instanz auftreten. Wir werden auch in anderen Regionen Ausschau nach politisch bedingten Marktstörungen halten, glauben aber nicht, dass diese nachhaltig genug sein werden, um unsere Einschätzungen der kommenden zwölf Monate zu beeinflussen. Letzten Endes könnte ein gespaltener US-Kongress die Ausgaben einschränken, wohingegen die Wahlen in Großbritannien kein großes Ereignis für die Märkte darstellen sollten und die Aussichten sogar verbessern könnten. 

Mit einem recht hohen Überzeugungsgrad in Bezug auf das positive fundamentale Umfeld bleiben wir bei einer leichten Übergewichtung für globale Aktien, wobei wir nicht länger eine regionale Präferenz hegen. Was Schwellenländeraktien betrifft, haben wir unsere Einschätzung auf neutral angehoben — die Bewertungen sind relativ günstig; nichtsdestotrotz werden die makroökonomischen Aussichten durch das politische Geschehen und die Verzögerung bei den US-Zinssenkungen belastet. Bei risikoreichen Anlagen geben wir außerdem High-Yield-Anleihen (HY) den Vorzug, bedingt durch die makroökonomischen Rahmenbedingungen und die Rolle, die niedrigere US-Renditen dabei gespielt haben, den Zugang zu Liquidität zu verbessern. Dabei hegen wir eine leichte Präferenz für europäische Titel, deren Spreads sich in Reaktion auf die politische Unruhe in Frankreich ausgeweitet haben. Bei Rohstoffen empfehlen wir in Bezug auf Öl eine leichte Übergewichtung, was dem Bestreben der OPEC, das Angebot am Markt knapp zu halten, und dem positiven Carry von Öl-Futures zuzuschreiben ist. 

Was Staatsanleihen betrifft, wird unsere Empfehlung einer moderaten Long-Duration-Übergewichtung für die Industrieländer durch das verlangsamte Wachstum, die nachlassende Inflation und die bevorstehenden Lockerungsmaßnahmen der Zentralbanken untermauert. Das gilt nicht so ganz für Japan, wo sich die Notenbank (BoJ) nicht an den Inflationsdaten zu orientieren scheint, insbesondere angesichts der neuen Tiefstände des Yen. Die Zentralbank dürfte unseres Erachtens jedoch aufgrund der schwächeren Wachstumsdaten geduldig bleiben.

Aktien: Noch immer positiv – eine breitere Streuung wäre aber besser

Wir halten an einer moderaten Übergewichtung globaler Aktien fest. Denn während das US-Wirtschaftswachstum an Schwung verloren hat, geht es bei der Weltwirtschaft weiter bergauf, und auch der Zinsausblick für die wichtigsten Märkte gestaltet sich realistischer. Derweil werden die globalen Gewinnzahlen weiter nach oben korrigiert, und wir erwarten, dass die Renditen in den kommenden zwölf Monaten vom Gewinnwachstum und nicht von höheren Bewertungen angetrieben werden. Außerdem rechnen wir mit einem breiter gefächerten Gewinnwachstum, das sich nicht wie zuletzt auf einen engen Markt beschränkt, der primär Mega-Cap-Technologiewerte beinhaltet. Negativ zu vermerken ist dagegen, dass die erneute Outperformance der Mega-Caps und die Verengung des Markts in der letzten Hälfte des zweiten Quartals Anlass zur Sorge bieten. Die Dynamik dieser Marktkonzentration wurde durch die jüngste Schwäche der US-Wachstumsdaten und das gestiegene politische Risiko in der Eurozone wohl noch verstärkt. Vermutlich würden wir globale Aktien noch positiver bewerten, wenn es Anzeichen für eine sich ausweitende Aktienrallye gäbe oder die Bewertungen in Reaktion auf politische Unruhen oder schwächere Wirtschaftsdaten zurückgingen. 

Was Japan betrifft, haben wir unsere Einschätzung auf neutral nach unten korrigiert. Im November 2022 hielten wir zunächst eine Übergewichtung Japans für empfehlenswert aufgrund klarer Anzeichen eines makroökonomischen Umfeldwechsels und von Fortschritten bei Corporate-Governance-Standards. Die Bemühungen um bessere Unternehmensführungsstandards, die Rückkehr zu einem stärkeren Aktivismus von Aktionären und steigende Margen waren diesbezüglich hilfreich, und wir sind der Ansicht, dass sich die Neubewertung japanischer Aktien mittelfristig fortsetzen und der Abstand zu den Margen/Eigenkapitalrenditen an anderen Märkten schrumpfen könnte. Auf kurze Sicht schätzen wir die makroökonomischen Bedingungen jedoch weniger optimistisch ein. Unsere Aussichten für die Inflation und die Zinsen liegen über dem Konsens, und die Zentralbank hinkt unseres Erachtens der Kurve in Bezug auf die Geldpolitik hinterher, womit sie Gefahr läuft, an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Während die BoJ (offenbar) eingegriffen hat, als sich der Sinkflug des Yen verstärkte, war diese Unterstützung nur vorübergehender Natur, sodass weitere geldpolitische Maßnahmen erforderlich sein dürften, um die Währung zu stabilisieren. Auf kurze Sicht erhöhen diese Faktoren das Potenzial für eine höhere gesamtwirtschaftliche Volatilität oder Ungewissheit, was bedeutet, dass das Risiko-Rendite-Profil insgesamt weniger positiv ist als noch vor einigen Monaten. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die relative Wertentwicklung japanischer Aktien inzwischen weniger stark an die Entwicklung des Yen gekoppelt ist, da die Unternehmen ihre Produktion zunehmend über Tochtergesellschaften ins Ausland diversifiziert haben.

Was China und die Schwellenländer bzw. Emerging Markets (EM) angeht, haben wir unsere Einschätzung allgemein auf neutral angehoben, was teilweise dem einsetzenden Zinssenkungszyklus zu verdanken ist, auch wenn dieser einen flachen Verlauf nehmen dürfte. Außerdem sind wir angesichts der günstigen Bewertungen, die kürzlich für eine ausgeprägte Rallye gesorgt haben, weniger gewillt, an einer Untergewichtung Chinas festzuhalten. Gleichzeitig sind wir wegen des strukturellen Gegenwinds und der mangelnden Wirkung der politischen Maßnahmen (siehe Abbildung 1) vorsichtig in Bezug auf eine wirklich positive Positionierung.

Abbildung 1
Keine klaren Anzeichen einer Bodenbilding bei chinesischen Immobilien

Mit Blick auf Europa waren wir angesichts der Anzeichen für verbesserte Gewinnzahlen und eine größere Marktbreite im Begriff, eine positivere Haltung einzunehmen; die Rückkehr der politischen Unsicherheit hat uns jedoch zum Abwarten bewogen, sodass wir bei unserer neutralen Einschätzung für den Euroraum bleiben. Dennoch sind die Bewertungen im Vergleich zu globalen Aktien günstig, was in besonderem Maße für das Vereinigte Königreich gilt, wo die unterdurchschnittliche Wertentwicklung auf die vergleichsweise schwache Gewinnentwicklung und die eingetrübte Stimmung zurückzuführen ist. 

In Bezug auf die USA nehmen wir inzwischen ebenfalls eine neutrale Haltung ein. Wir rechnen mit einem breiter gefächerten Gewinnwachstum, das nur mit einem geringen oder gar keinem Anstieg der Bewertungskennzahlen einhergehen dürfte, sowie mit einer Normalisierung bei Large-Cap-Technologieunternehmen, wenn die anderen Sektoren aufholen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2
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Was die einzelnen Sektoren betrifft, würden wir bei Finanzwerten, Versorgern und zyklischen Konsumgütern eine Übergewichtung und bei Werkstoffen, nichtzyklischen Konsumgütern und Kommunikation eine Untergewichtung empfehlen. In Bezug auf die IT-Branche behalten wir unsere neutrale Einschätzung bei. 

Staatsanleihen: mehrere Themen wirken auf die Zinsen ein

Im zweiten Quartal trieben unterschiedliche Faktoren die Entwicklung von Staatsanleihen aus Industrieländern voran. So steht den USA und Deutschland eine geldpolitische Lockerung bevor, und die Anleihemärkte haben eine Rallye gezeigt. Beide dieser Staatsanleihenmärkte wurden durch ihren Status als sicherer Hafen im Vergleich zu Frankreich beflügelt, wo sich die Spreads gegenüber deutschen Papieren in Reaktion auf den politischen Rechtsruck ausweiteten. Eine ähnliche Ausweitung der Spreads verzeichneten auch andere eher als „Schwachstelle“ wahrgenommene Länder in Südeuropa. Auch in Japan ging es bei den Renditen aufwärts, da die gemäßigte Vorgehensweise der Zentralbank von der steigenden Inflation und dem schwachen Yen abgekoppelt schien.  

Wir sind von einer neutralen Positionierung zu einer leichten Übergewichtung der Duration übergegangen, weil wir stärker davon überzeugt sind, dass die expansive Geldpolitik über unseren Zeithorizont von zwölf Monaten den größten Einfluss auf die Zinsen haben wird. In den USA waren mehr Anzeichen für ein sich abschwächendes Wachstum zu erkennen (wenn auch ausgehend von einem hohen Niveau), unter anderem im verarbeitenden Gewerbe, bei den Verbraucherausgaben und bei der Beschäftigung, ebenso wie für eine zurückgehende Inflation. Unserer Erachtens ebnet dies den Weg für die US-Notenbank, ihre Leitzinsen nach dem ersten Zinsschritt der EZB im Juni wenigstens einmal in diesem Jahr zu senken. Die japanische Zentralbank dürfte zudem angesichts der zuletzt negativen BIP-Zahlen vorerst in Wartehaltung bleiben, und Leerverkäufe japanischer Durationspositionen wären wegen des hohen Carry teuer.

Die große Frage betrifft die Laufzeitprämien und das Ausmaß, in dem die Defizitsorgen Frankreichs eine breitere Gruppe von Ländern mit ähnlichen Problemen in ihren Sog ziehen könnten. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels – vor den französischen Parlamentswahlen – sind wir der Meinung, dass der Risikoaufschlag zwischen Frankreich und Deutschland Bestand haben sollte und sich im Falle einer linksextremen Mehrheit und ihrer noch ehrgeizigeren Ausgabenpläne möglicherweise sogar noch ausweiten könnte. Derweil könnten die USA von ihren eigenen Schuldenproblemen eingeholt werden, da beide Präsidentschaftskandidaten die Neigung zu Ausgaben teilen, die über die eigenen Mittel hinausgehen. Gleichwohl dürfte der Status des US-Dollar als Reservewährung die Kapitalströme in Richtung von US-Staatsanleihen leiten, sollte es zu einer Krise in der Eurozone kommen. Aus unserer Sicht ist die Zeit reif für Umbrüche; die Märkte sollten die Politiker aber von extremen Maßnahmen abhalten. In jedem Fall erwarten wir, dass die höhere Zinsvolatilität anhält, und sind der Meinung, dass die Anleger recht taktisch vorgehen müssen, um Chancen wahrzunehmen. 

Credit-Anlagen: Noch immer attraktiv, trotz der engen Spreads

Credit-Produkte sehen angesichts des anhaltend robusten Wirtschaftswachstums, der nachlassenden Inflation, der bevorstehenden Zinssenkungen, der sinkenden Ausfallquoten und der doppelt so hohen Gesamtrenditen wie im Jahr 2021 attraktiv aus, weswegen wir an unserer leichten Übergewichtung festhalten. Zwar geben uns die engen Spreads zu denken; mit Blick auf die hohe Nachfrage nach Anleihen und das geringe Angebot halten wir Credit-Anlagen aber dennoch für eine attraktive Möglichkeit, regelmäßige Einkünfte mit begrenztem Potenzial für eine Ausweitung der Spreads zu generieren.

Wir beobachten noch immer eine gewisse Notlage bei Emittenten, die am unteren Ende des Qualitätsspektrums angesiedelt sind, was darauf hindeutet, dass die längerfristig höheren Zinssätze Gegenwind für einige Unternehmen entstehen lassen. Da in einigen Regionen aber bereits erste Zinssenkungen vorgenommen werden und in anderen unmittelbar bevorstehen, glauben wir jedoch, dass es bei einigen der risikoreichsten Positionen Erleichterung geben wird. 

Die technische Angebots- und Nachfragedynamik sollte den Kursen eine Stütze bieten. So fiel die Nachfrage nach Unternehmensanleihen sehr hoch aus, da die Anleger bestrebt sind, sich im Vorfeld eines Zinssenkungszyklus attraktive Renditen zu sichern. Die Größe des High-Yield-Markts (das Angebot an für Anleger verfügbaren und von ihnen gehaltenen Anleihen) geht aber zurück, weil viele Unternehmen, die in den letzten Jahren herabgestuft wurden, sich inzwischen wieder für die Investment-Grade-Kategorie qualifizieren. Die soliden Unternehmensbilanzen, die umfangreichen Refinanzierungsmaßnahmen seit Jahresbeginn und die begrenzte Anzahl geplanter Fusionen und Übernahmen deuten allesamt darauf hin, dass die Nachfrage das Angebot auch in Zukunft übersteigen könnte (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3
Die Positiven Angebots Nachfrebedingungen in High-Yield-Segment sollten von Bestand sein

Wir haben eine Präferenz für High-Yield- gegenüber Investment-Grade-Titeln umgesetzt, indem wir bei letzteren von einer leichten Übergewichtung auf eine neutrale Positionierung übergegangen sind. Zuvor hatten wir Investment-Grade-Unternehmensanleihen als einen geeigneten Bereich für die Generierung von Carry erachtet, da diese ein gewisses Potenzial für eine Einengung der Spreads bieten. Da sich diese Einengung in den ersten beiden Monaten des zweiten Quartals bereits weitgehend vollzogen hat, sahen wir uns jedoch veranlasst, unsere Einschätzung etwas herunterzustufen. Seither kam es zu massiven Schwankungen am europäischen Investment-Grade-Markt, der einen großen Anteil an Banken enhält — und damit aus potenziellen Zielscheiben für Steuererhöhungen, die von einer neu gewählten Regierung in Frankreich beschlossen werden könnten. In unseren Augen ist diese erhöhte politische Unsicherheit ein weiterer Grund dafür, sich auf die renditestärkeren Bereiche der Credit-Märkte zu konzentrieren.

Regional betrachtet hegen wir eine leichte Präferenz für europäische High-Yild-Anleihen, finanziert über High-Yield-Anleihen der Emerging Markets. Aus Sicht der Bewertungen ist Europa eine Region, die noch immer einen gewissen Aufschlag und Potenzial für eine gewisse Einengung der Spreads bietet. Außerdem stimmt uns der gesamtwirtschaftliche Ausblick für Europa optimistischer, da sich die Wachstumsdynamik verbessert und die Zentralbank bereits einen Zinsschritt unternommen hat. Wir behalten die politischen Entwicklungen in Frankreich (20% des europäischen High-Yield-Markts) im Blick, die in den letzten Wochen zu einer Ausweitung der Spreads führten, sehen darin aber auch eine Chance, das Risiko zu erhöhen. In den Schwellenländern bleibt das Wachstum verhalten; zugleich haben sich in vielen Nationen mit schwächeren Ratings landesspezifische Entwicklungen zugetragen, die zuweilen eine übermäßige Einengung der Spreads in Relation zu den Fundamentaldaten zur Folge hatten. Auch die Mittelzuflüsse bleiben verhalten.

Rohstoffe: eine positivere Sicht, angeheizt durch Öl

Im Bereich der Rohstoffe sind wir von einer neutralen Positionierung auf eine leichte Übergewichtung übergegangen, die durch eine Heraufstufung unserer Einschätzung zu Öl zum Ausdruck gebracht wird. Zwar scheint das schwarze Gold mit Preisen im mittleren 80-USD-Bereich angemessen bewertet zu sein. Dennoch glauben wir, dass die positive Roll-Rendite, in der sich die niedrigeren Kosten von Futures mit längeren Laufzeiten widerspiegeln, eine optimistischere Einschätzung rechtfertigt.

Das Abwärtsrisiko für den Ölpreis wird unseres Erachtens durch das geopolitische Risiko im Nahen Osten begrenzt. In Anbetracht der weltweit positiven Wachstumsdynamik und des knappen Angebots dürfte der Ölpreis in einer engen Bandbreite um das derzeitige Niveau verharren. Daher nehmen wir an, dass die Rendite im laufenden Jahr primär durch den Carry bestimmt wird – mit einem gewissen Potenzial für Kapitalgewinne, wenn die Nachfrage höher als erwartet ausfällt oder die OPEC+ abermals ihre Preismacht ausspielt.

Gold hat in den letzten Monaten eine starke Wertentwicklung gezeigt. In Zukunft dürfte das Potenzial für weitere Kursgewinne aber begrenzt sein und die Aussichten für den Carry sind negativ, weshalb wir hier vorsichtig sind. Infolge der eingetrübten Stimmung im Jahr 2023 haben Anleger wie Zentralbanken ihre Goldbestände in diesem Jahr aufgestockt; da die erhöhten geopolitischen Risiken inzwischen jedoch weitgehend eingepreist sind, ist die Aufwärtsbewegung in unseren Augen fast vollständig vollzogen. In diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten, ob die gestiegene Nachfrage chinesischer Privatanleger anhält und die Zentralbankkäufe den Preisen weiter Unterstützung bieten können.

Risiken

Zu den Abwärtsrisiken für unsere Einschätzungen gehört ein wiederholter und gegebenenfalls sprunghafter Anstieg der Kerninflation, der die Zentralbanken dazu veranlasst, den Erwartungen aggressiver Zinssenkungen entgegenzuwirken oder die Zinsen sogar wieder anzuheben. Des Weiteren könnte unsere Erwartung von breiter gefächerten Aktiengewinnen durch eine starke Aufwärtsdynamik bei einer oder mehreren Mega-Cap-Aktien untergraben werden. Nicht zuletzt gilt es, die geopolitische Situation im Auge zu behalten, einschließlich des Potenzials für Wahljahr-Turbulenzen in den USA und Europa und einer Ausweitung des Nahost-Konflikts.

Zu den Aufwärtsrisiken für unsere Einschätzungen zählt ein Szenario mit einem breiter angelegten Weltwirtschaftswachstum und einer Rückkehr der Disinflation, das es den Zentralbanken — und insbesondere der US-Notenbank — ermöglicht, die Zinsen rascher zu senken als derzeit an den Märkten eingepreist ist. Auch könnten wir im zweiten Quartal positive Gewinnüberraschungen erleben, mit einer besseren Gewinnentwicklung jenseits der Mega-Cap-Technologiewerte und/oder einer positiven Marktrotation und einer besseren Marktbreite als von uns derzeit erwartet. Weitere Aufwärtsrisiken sind eine Beilegung des Nahost-Konflikts und eine ausgewogene Koalition in Frankreich nach den Neuwahlen.

Anlageimplikationen 

Erwägen Sie eine Beibehaltung globaler Aktienbestände – Das Wachstum und die Inflation gehen von ihren hohen Niveaus aus zurück und werden die Zentralbanken letztendlich zu Zinssenkungen bewegen. Trotz der teuren Bewertungen und der politischen Unruhe halten wir eine gewisse Risikobereitschaft bei der Asset-Allokation für angemessen, da die Aktiengewinne durch positive Fundamentaldaten gestützt werden sollten.

Positionieren Sie sich für eine Ausweitung der Aktienrallye – Bei Aktien hegen wir nicht länger eine regionale Präferenz und rechnen damit, dass sich in Industrie- wie in Schwellenländern Gewinne erzielen lassen könnten. Außerdem dürfte sich die Gewinnentwicklung jenseits der Mega-Cap-Technologieaktien verbessern, was einigen Segmenten mit bislang schwächerer Entwicklung wie Value-Aktien und Small Caps zugutekommen könnte. Auf Sektorebene bevorzugen wir Finanzwerte, Versorger und zyklische Konsumgüter gegenüber Werkstoffen, nichtzyklischen Konsumgütern und Kommunikation und sind im IT-Bereich neutral positioniert. 

Ziehen Sie eine Übergewichtung von Durations- und Credit-Positionen in Erwägung – Die meisten Zentralbanken haben sich inzwischen auf Lockerungskurs begeben, sodass wir in allen Regionen Raum für einen Renditerückgang sehen. Wir setzen weiterhin auf Credit-Produkte, was dem Carry, den positiven technischen Angebots- und Nachfragebedingungen sowie den sinkenden Ausfallquoten zuzuschreiben ist. Dabei bevorzugen wir High-Yield- gegenüber Investment-Grade-Anleihen wegen des positiven makroökonomischen Umfelds und des attraktiveren Carry.

Die positiven Erwartungen könnten sich als falsch erweisen – Unsere risikofreudige Tendenz wird zwar von den Fundamentaldaten gestützt, wir sind uns aber der Volatilität bewusst, die das politische Geschehen, insbesondere in Europa und den USA, mit sich bringen kann. Je nach Entwicklung tendieren wir dazu, günstigere Bewertungen als Gelegenheit zu nutzen, um aufgrund des positiven Gewinnumfelds das Risiko bei Aktien zu erhöhen, oder weitere Spreads als Einstiegsgelegenheit im Credit-Bereich zu nutzen.

Unser Angebot

Experten

Nanette Abuhoff Jacobson

Nanette Abuhoff Jacobson

Global Investment and Multi-Asset Strategist
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Supriya Menon

Head of Multi Asset Strategy - EMEA
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Alex King

, CFA

Investment Strategy Analyst