Schweiz (Switzerland), Professionelle Anleger

Ändernchevron_right
menu
search
Skip to main content

Geopolitik im Jahr 2025: Risiken, Chancen und zunehmende Ungewissheiten

Thomas Mucha, Geopolitical Strategist
Februar 2025
8 Min. Lesezeit
2026-02-28
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.
tornadoes

Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autors bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger. 

Momentan ist das geopolitische Umfeld so komplex, unvorhersehbar und gefährlich wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Aus diesem zunehmend chaotischen strukturellen Umfeld dürfte sich 2025 eine Mischung aus Risiken und Chancen ergeben, insbesondere wenn eine neue US-Regierung ihre eigene Politik in Bezug auf die aktuellen geopolitischen Herausforderungen rund um die Welt umsetzt.

Im Nachfolgenden gebe ich einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Variablen, die ich dieses Jahr beobachte. Dabei gehe ich auch darauf ein, was dieses besondere geopolitische Umfeld meiner Meinung nach für das breitere Makro-, Politik- und Anlageumfeld bedeuten könnte.

Das Kräftemessen zwischen den USA und China wirft bedeutsame Fragen auf

Ein wichtiger Faktor für meinen strukturellen Ausblick ist der Wettstreit der Großmächte USA und China, der für die geopolitische Stabilität in diesem Jahr entscheidend sein wird. Durch diesen Wettstreit werden sich die Märkte über Jahre mit dieser entscheidenden Frage auseinandersetzen müssen: Können diese beiden Weltmächte zu einer Art friedlichen Koexistenz finden, ohne auf dem Weg dahin in einen katastrophalen Konflikt abzurutschen?

Ein Krieg zwischen den USA und China entspricht derzeit nicht meinem Basisszenario. Beide Seiten bereiten sich aber aktiv auf einen solchen Ausgang vor, und es wäre töricht, diese zwar unwahrscheinliche, aber potenziell verheerende Möglichkeit angesichts der bestehenden geopolitischen Spannungen, eines generell weniger stabilen Umfelds, wachsender ideologischer Gräben und unterschiedlicher geostrategischer Ziele zu ignorieren. Umsichtige Anleger sollten daher eine Szenarioplanung für einzelne Portfoliopositionen, individuelle Makro- und Marktrisiken und eine Vielzahl von Auswirkungen zweiter und dritter Ordnung, die sich aus einer solch folgenschweren Entwicklung ergeben würden, in Erwägung ziehen.

Ich gehe davon aus, dass die globale Ordnung dieses Jahr im Rahmen dieses sich vertiefenden Wettstreits immer weiter in ein zunehmend dynamisches multipolares Modell zersplittert. Dieses Modell wäre fragmentierter, weniger kooperativ, transaktionaler und strukturell anfälliger für beschleunigte politische, handelspolitische, diplomatische und insbesondere militärische Konflikte. In diesem Zusammenhang wäre auch darauf hinzuweisen, dass es momentan weltweit 59 „aktive militärische Konflikte“ gibt – die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die politische Volatilität in den USA und die historisch starke Polarisierung werden in diesem Jahr vermutlich für eine zusätzliche Belastung des globalen geopolitischen Umfelds und zusätzliche politische Einschränkungen und Ungewissheiten sorgen.

Der Klimawandel facht geopolitische Konflikte an

Ein weiterer zentraler Faktor für meinen strukturellen Ausblick ist der Klimawandel, der dieses ohnehin schon instabile geopolitische Umfeld noch zusätzlich unter Druck setzt. Dies wird besonders deutlich in den äquatorialen und tropischen Regionen, in denen die Folgen des Klimawandels besonders extrem sind und wo sich ein Großteil der wichtigsten geopolitischen Konflikte abspielt. Zu diesen Gebieten zählen die afrikanische Sahelzone (wo wir bereits einen Anstieg der Terrorismusrisiken beobachten), der gesamte Nahe Osten, Iran und Afghanistan, die Grenzregionen Indiens mit Pakistan und China, das Südchinesische Meer und Taiwan sowie große Teile Mittel- und Südamerikas. 

Weltweit bereiten sich Militärstrategen auf mehr Konflikte um Ressourcen, Probleme durch Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, eine Zunahme der klimabedingten Migration, wachsenden politischen Extremismus, mehr gescheiterte Staaten und eine höhere Wahrscheinlichkeit von Pandemien und anderen gesundheitsbezogenen Krisen vor – was jeweils durch den Klimawandel noch verschlimmert wird. Ein schwächerer Fokus der USA auf Klimathemen unter der neuen Trump-Regierung dürfte daher die Wahrscheinlichkeit einer negativen Entwicklung für die nationale Sicherheit erhöhen.

Nationale Sicherheit auf Kosten der wirtschaftlichen Effizienz 

Ein wichtiger Aspekt meines politischen Ausblicks, der eng mit meinem strukturellen Ausblick verbunden ist, befasst sich mit dem voraussichtlich stärkeren Fokus auf der nationalen Sicherheit, was häufig zulasten der wirtschaftlichen Effizienz, der Inflationsentwicklung und von Wachstumsüberlegungen gehen dürfte. Während diese Aspekte in früheren Zeiten die wichtigsten politischen Prioritäten waren, dürfte dieses unsichere und gefährliche geopolitische Umfeld die globalen Entscheidungsträger nun dazu zwingen, ihren Schwerpunkt zu verlagern.

Diese robustere Herangehensweise in puncto nationale Sicherheit würde höhere und nachhaltigere Ausgaben für die Verteidigung erfordern, während Länder rund um die Welt auf die höheren geopolitischen Risiken und das gesunkene Vertrauen in den bislang durch die USA gespannten Sicherheitsschirm reagieren. 

Der Schutz und die Förderung strategisch wichtiger Sektoren für den Wettstreit zwischen den Großmächten – u.a. Luft-/Raumfahrt, kritische Mineralien, Biotechnologie, Automatisierung/Robotik und KI – dürften daher noch zunehmen. Davon dürften die KI und damit in Zusammenhang stehende Komponenten aufgrund der großen Bedeutung dieser sich entwickelnden Technologie für die nationale Sicherheit besonders relevant sein. In Zusammenhang mit diesen Überlegungen zur nationalen Sicherheit ist außerdem mit einer stärkeren Nutzung von Handelszöllen und anderen Handelsmaßnahmen in den USA und andernorts zu rechnen.

Trump 2.0 und ein „transaktionaler“ Ansatz für die Außenpolitik

Ein weiteres wichtiges Element für meinen politischen Ausblick sind die zu erwartenden Veränderungen in der Außenpolitik in der zweiten Amtszeit von Donald Trump. Künftig dürften die USA bei der Außen- und Handelspolitik einen eher „transaktionalen“ Ansatz verfolgen und sich weniger auf multilaterale Vereinbarungen und Institutionen verlassen. Die Verflechtungen zwischen der Außen- und Handelspolitik werden weiter zunehmen, da die neue Regierung versucht, die wirtschaftlichen Vorteile der USA als Druckmittel für geostrategische und innenpolitische Zwecke zu nutzen.

Diesen Ansatz dürften die USA auch nicht nur in Bezug auf China verfolgen, sondern – erneut eher auf bilateraler Ebene – auch im Hinblick auf Verbündete in Europa, Nordamerika und Asien. Nach dem Beschluss solcher Maßnahmen ist mit entsprechenden Vergeltungsmaßnahmen der betroffenen Länder zu rechnen.

Angesichts dieser eher transaktionale/handelspolitische Hebel nutzenden Vorgehensweise ist auch damit zu rechnen, dass die Trump-Regierung im weiteren Jahresverlauf versucht, mit China eine Einigung auszuhandeln. Dies ist angesichts des Interesses beider Seiten daran, Spannungen abzubauen und strukturelle Wirtschaftsprobleme im Inland anzugehen, theoretisch möglich. Aufgrund meiner Einschätzung zur nationalen Sicherheit und der strukturellen/langfristigen Natur des Wettstreits zwischen den USA und China bei der Geopolitik und besonders im Hightech-Bereich entspricht dies aber nicht meinem Basisszenario. Dieses für die Märkte positivste Szenario ist jedoch auch nicht auszuschließen.

Diese politischen Strategiewechsel haben auch wirtschaftliche Folgen. Eine strukturell höhere Inflation und ein geringeres globales Wachstum als im „Goldlöckchen“-Zeitalter der Globalisierung dürften uns langfristig begleiten als Nebenprodukte der Kombination aus einer verstärkten Nutzung von Handelszöllen, zusätzlichen Handelsmaßnahmen und häufigeren Störungen der Lieferketten und damit einhergehender Produktsubstitution in den kommenden Jahren. 

Geopolitische Risiken im Fokus oder noch nicht auf dem Radar

Es gibt verschiedene Regionen, die ich für meinen geopolitischen Ausblick genau im Auge behalte: 

  • Ukraine/Russland: Der Druck zur Aushandlung eines Waffenstillstands in diesem Jahr nimmt zu, und die Trump-Regierung arbeitet daran, eine Einigung zu vermitteln. Der Zeitpunkt – und die Ernsthaftigkeit – dieser Bemühungen werden weiterhin stark von den Entwicklungen auf dem Schlachtfeld abhängig sein. Mein Basisszenario geht weiterhin von einem Andauern des Konflikts für einen Großteil des Jahres aus, mit erhöhten Risiken für Zivilisten und zivile Infrastruktur in der Ukraine und einem gewissen zusätzlichen Risiko für die russischen Truppen und andere militärische Ziele.
  • Naher Osten: Der Sturz des Assad-Regimes ist von enormer Bedeutung für die regionale Sicherheitsdynamik und stellt den Einfluss des Iran (und Russlands) in der Region infrage. Gleichzeitig wird so eine weitere Hürde für anhaltende (und ohnehin bereits intensive) Militärmaßnahmen Israels aus dem Weg geräumt. Ich rechne daher mit zusätzlichen militärischen Konflikten an verschiedenen Fronten, insbesondere falls die Trump-Regierung einen härteren Kurs gegenüber Teheran einschlägt (mein Basisszenario), was einen breiteren regionalen Konflikt auslösen könnte (ein Ereignis mit niedriger Wahrscheinlichkeit, aber potenziell großen Auswirkungen). Die größte Frage besteht für mich momentan darin, ob Israel die deutlich geschwächte strategische Position des Iran als Gelegenheit nutzt, um das Atomwaffenprogramm des Landes ins Visier zu nehmen. Ich halte dies weiterhin (mit Einschränkungen) für möglich.
  • Taiwan: Verstärkte militärische Aktivitäten Chinas in und rund um Taiwan bereiten den US-Verantwortlichen für die nationale Sicherheit nach wie vor große Sorgen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer unbeabsichtigten Eskalation. Gleichzeitig kann das chinesische Militär so für Embargo- und Invasionsszenarien „üben“. Die Vereinigten Staaten dürften ihre „Stachelschwein“-Abschreckungsstrategie fortsetzen, und Präsident Trump hat für wichtige Positionen in seinem Kabinett Personen nominiert, die für eine harte Gangart gegenüber China eintreten. Die „transaktionale“ Natur von Trumps Herangehensweise macht Taiwan zu einem möglichen Faustpfand bei Verhandlungen; die Ungewissheit bleibt somit erhöht.
  • Nordkorea: Das forschere militärische Auftreten Nordkoreas auf der koreanischen Halbinsel in Kombination mit der politischen Instabilität in Südkorea und insbesondere dem Verteidigungspakt Nordkoreas mit Russland (einschließlich militärischer Aktivitäten in der Ukraine) signalisieren mehr geopolitische Spannungen im Verlauf des Jahres.

Neben diesen Risiken gibt es aber auch noch einige weniger stark beachtete Risiken, die im Auge behalten werden sollten. Zum einen hat der Sturz des Assad-Regimes in Syrien durch die von den USA als terroristisch eingestufte Gruppierung Hayat Tahrir al-Sham Fragen über die Ausbreitung des politischen Dschihadismus und insbesondere Terrorismusrisiken im Nahen Osten und darüber hinaus aufgeworfen. Vertreter der nationalen Sicherheitsbehörde der USA haben bereits vor den jüngsten dramatischen Entwicklungen auf zunehmende Terrorgefahren hingewiesen. Auch Cyberangriffe und andere Sabotageakte gegen kritische Infrastruktur der USA und anderer westlicher Nationen bleiben ein allgemein unterschätztes Risiko, aber ein wichtiges Thema für die politischen Entscheidungsträger. 

Insgesamt machen die erhöhte geopolitische Volatilität und Konflikte in einer eher multipolaren Welt weitere geopolitische „Überraschungen“ wahrscheinlicher. Es ist weltweit generell mit einer größeren Bandbreite möglicher Ergebnisse – sowohl positiv als auch negativ – zu rechnen.

Was bedeutet das für die Anlagelandschaft?

Ein destabilisiertes geopolitisches Umfeld sollte weiterhin strukturelle und langfristige Unterstützung für eine Vielzahl von Themen in Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit bieten. Hierzu zählen unter anderem:

  • Etablierte Verteidigungsunternehmen, da Länder rund um den Globus ihre Verteidigungsausgaben erhöhen und ihre militärischen Arsenale wieder aufbauen, die sich durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten geleert haben. 
  • Innovative Verteidigungsunternehmen, da sich durch Anwendungen mit doppeltem Verwendungszweck sowohl für den zivilen als auch militärischen Gebrauch gewisse Grundsätze im US-Verteidigungsministerium, im chinesischen Militär, bei NATO-Streitkräften und andernorts verändern.
  • Dekarbonisierung aufgrund der strategischen Bedeutung von Energie und besonders Klimaresilienz aufgrund meiner Erwartung, dass die Klimapolitik unter der neuen Trump-Regierung keine Priorität haben wird.

Sich vertiefende geopolitische und politische Spannungen dürften 2025 auf breiter Front für mehr Differenzierung sorgen und anhaltende Gelegenheiten bieten, die Gewinner und Verlierer auf regionaler, Länder-, Branchen-, Unternehmens- und Anlageklassenebene sowohl an den öffentlichen als auch privaten Märkten zu finden.

Experte

mucha-thomas-6948

Thomas Mucha

Geopolitical Strategist

Weitere Inhalte zum Thema

Zeigt 3 von 3 Researchpublikationen
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.

Ein wichtiges Wahlergebnis für Deutschland und Europa

Weiterlesen
event Februar 2025
5 Min.
Artikel
2026-02-28
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.

Dieses Mal ist es anders: Trump steht vor schwierigen geopolitischen Herausforderungen

Weiterlesen
event November 2024
3 Min.
Artikel
2025-11-30
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.

Überraschendes Wahlergebnis in Frankreich: Was bedeutet dies für die Anleger?

Weiterlesen
event Juli 2024
4 Min.
Artikel
2025-07-31
Archiviert info
Archivierte Inhalte sind weiterhin auf der Website verfügbar. Bitte beachten Sie das Datum der Veröffentlichung, wenn Sie diese älteren Inhalte lesen.

Nächsten Beitrag lesen