Österreich (Austria), Professionelle Anleger

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Thematische Investments im Fokus: Wie genau wird KI die Welt verändern?

Dáire Dunne, CFA, Portfolio Manager
Aaron Koh, Investment Strategy Analyst
8 Min. Lesezeit
2025-06-30
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen der Autoren zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger. 

Eine Vielzahl struktureller Trends fördert Innovationen, die grundlegende Umwälzungen in der Weltwirtschaft mit sich bringen. Dadurch entstehen aus unserer Sicht attraktive Gelegenheiten für thematische Investments. In dieser Artikelreihe wirft unser auf thematische Anlagen spezialisiertes Team einen genaueren Blick auf einige dieser Trends, die Breite des Anlageuniversums und die damit verbundenen Risiken. 

In diesem Beitrag befassen wir uns damit, wie Anleger das Transformationspotenzial der künstlichen Intelligenz (KI) nutzen können. Zunächst einmal sind wir der Meinung, dass die Anleger guten Grund zur Begeisterung haben. Wir stehen kurz vor einer technologischen Revolution, die weitreichende Konsequenzen für alle Sektoren, Unternehmen, Arbeitnehmer und Regulierungsbehörden mit sich bringt. Allerdings erfordert dieses enorme Potenzial auch ein besseres Urteilsvermögen, insbesondere wenn sich das Tempo der KI-Einführung beschleunigt. Wie kann eine thematische Perspektive den Anlegern helfen, zwischen Hype und Realität zu unterscheiden? 

In unseren Augen sind thematische Anleger besonders gut positioniert, um von der KI zu profitieren. Der thematische Anlageprozess zielt nämlich in seinem Kern darauf ab, jene langfristigen strukturellen Trends zu ermitteln und zu nutzen, die bestehende Paradigmen verändern und das Wachstum über einen längeren Zeitraum hinweg ankurbeln sollten. Diese Perspektive auf KI anzuwenden, kann Anleger darin unterstützen, ihr Engagement an diesen langfristigen Wachstumstreibern auszurichten, anstatt aktuellen Markttrends hinterherzujagen, die von Dauer können oder auch nicht. Darüber hinaus versetzt ein thematischer Ansatz die Anleger in die Lage, sektor- und branchenübergreifend auf die Wegbereiter, die Innovatoren und die Nutznießer dieser technologischen Errungenschaft zu blicken.

Die Schlüsselfrage lautet: Wie wird KI die Welt verändern? 

Die künstliche Intelligenz als einen strukturellen, langfristigen Trend zu betrachten, hilft, sie in den richtigen Kontext zu setzen — und hilft uns dabei zu verstehen, inwiefern sie anderen strukturellen Trends ähneln oder sich von ihnen unterscheiden könnte. Wenn die KI — wie wir glauben — dem Zeitalter der Elektrifizierung überaus ähnlich ist, kann diese Sichtweise einen Rahmen schaffen, um die diesbezüglich überzeugendsten Anlagechancen zu bestimmen und zu quantifizieren. 

Eine der entscheidenden Fragen, die wir bei der Beurteilung eines strukturellen Trends zu beantworten versuchen, ist: Wie genau wird er die Welt verändern?  

Im Fall der KI denken wir, dass die Antwort mit dem Konzept des produktiven Wissens zusammenhängt. Einfach ausgedrückt beschreibt das produktive Wissen die Fähigkeit zu verstehen, wie etwas zu tun ist, und es anschließend umzusetzen. Das produktive Wissen ist ein wichtiger Motor für das Wirtschaftswachstum, insbesondere in der heutigen Zeit, in der Unternehmen um produktive Wissensarbeiter herum aufgebaut sind. Je komplexer das Tätigkeitsfeld ist, desto knapper ist es jedoch um das produktive Wissen bestellt — und desto teurer kommt es die Unternehmen zu stehen. Das bedeutet, dass ihre Anlageerträge beim Einsatz zusätzlicher Ressourcen immer geringer werden, wodurch das Wachstum gebremst wird. 

Unsere Einschätzung, dass die KI transformativer Natur ist, begründet sich darin, dass sie aus unserer Sicht das Angebot an einer knappen Ressource — hochqualifiziertem produktivem Wissen — erhöht und die Unternehmen somit in die Lage versetzt, ihre Produktivität zu steigern. Dieses Muster — dass die bessere Verfügbarkeit einer knappen Ressource die Produktivität steigert — war bereits in der Vergangenheit zu beobachten. Einen ähnlichen Engpass gab es im Vorfeld der Elektrifizierung, wobei damals der Strom und nicht das Wissen die knappe Ressource war. 

Was kann uns die Elektrifizierung über KI lehren? 

Wenn wir auf das Zeitalter der Elektrifizierung und der Mechanisierung zurückblicken, das mit der Entwicklung des modernen Stromnetzes in den 1880er Jahren Fahrt aufnahm, lässt sich eine Reihe von Mustern erkennen. Diese im Rahmen unseres thematischen Research zu untersuchen, lässt Schlussfolgerungen in Bezug darauf zu, wie sich KI sowohl auf das allgemeine gesamtwirtschaftliche Umfeld als auch auf bestimmte Branchen auswirken könnte. 

Was könnte sich aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ändern? 

Steigerung der Produktivität 

Ähnlich wie die Elektrifizierung und die Mechanisierung wird es durch KI zu Produktivitätssteigerungen kommen, obschon es einige wesentliche Unterschiede gibt. So war vor 100 Jahren das verarbeitende Gewerbe der größte Nutznießer, in dem die produzierte Menge von 1859 bis 1929 — bereinigt um das Bevölkerungswachstum — um das Siebenfache anstieg1. Im Gegensatz dazu könnte KI neben dem verarbeitenden Gewerbe noch einer größeren Zahl von Sektoren zugute kommen, wie etwa Handel, IT, Finanzen und professionelle Dienstleistungen, die wiederum einen deutlich größeren Anteil des heutigen BIP ausmachen könnten. Sollte die KI einem ähnlichen Muster wie die Elektrifizierung folgen, prognostizieren wir, dass allein die begünstigten Sektoren zwischen 2025 und 2035 einen Produktivitätszuwachs von 1,6 Prozent herbeiführen könnten. 

Vermehrte IT-Investitionen

Seit Beginn des Jahrzehnts haben sich die IT-Investitionen, ausgedrückt in Prozent des BIP, aufgrund der Softwarekosten innerhalb einer festen Bandbreite von rund vier bis fünf Prozent bewegt2. Da durch die KI jedoch das Angebot an Wissen wächst, dürften entsprechend sinkende Softwarekosten die IT-Ausgaben beflügeln und sie möglicherweise auf bis zu 15 Prozent steigen lassen, falls die Investitionsausgaben einem ähnlichen Entwicklungspfad folgen wie bei der Elektrifizierung.  

Für Arbeitnehmer ein kurzfristig positiver, aber langfristig negativer Faktor?

Da das Eigentum an produktivem Wissen vom Einzelnen auf KI-Tools übertragen wird, sollte KI die Produktivität von Geringqualifizierten steigern und sie fast genauso produktiv machen wie hochqualifizierte Arbeitskräfte. Vorerst hapert es bei KI-Technologien jedoch an Genauigkeit, was bedeutet, dass KI-Tools einer menschlichen Ergänzung bedürfen: Eine höhere Nachfrage nach KI wird also auch die Nachfrage nach Arbeitskräften steigern. Wenn sich die Genauigkeit mit der Zeit aber verbessert, dürfte den Beschäftigten Gegenwind durch KI drohen und sie zu Umschulungen und/oder einem Wechsel in Sektoren bewegen, in denen keine vollständige Automatisierung durch KI möglich ist. 

Inwiefern könnten unterschiedliche Sektoren betroffen sein?

Je stärker ein Sektor digitalisiert ist, desto schneller wird er profitieren 

Die Elektrifizierung ging am schnellsten in jenen Sektoren vonstatten, die auf Strom angewiesen waren (d. h. in der Fertigung); über kurz oder lang wurden aber alle Branchen elektrifiziert. In ähnlicher Weise glauben wir, dass „wissensintensive“ Sektoren wie IT, Medien, professionelle Dienstleistungen und Finanzen zu den ersten Nutznießern zählen werden, gefolgt von weniger wissensintensiven Sektoren wie Transport, Bildung, Einzelhandel, Regierungswesen und Gesundheit. 

Größere Unternehmen sind besser positioniert

In einer Welt der künstlichen Intelligenz ist Größe von Bedeutung, da höhere Investitionen in KI-Modelle und der Zugriff auf umfangreiche Datensätze die Genauigkeit der Ergebnisse verbessern. Da die Skalenerträge zunehmend an Bedeutung gewinnen, rechnen wir mit einer stärkeren Konsolidierung bei kleineren Unternehmen. 

Für Unternehmen könnte eine gewinnbringende Anwendung Priorität vor Innovation und Produktion haben

Aus unserer Sicht wird die KI höchstwahrscheinlich eine produktivitätssteigernde und kostensenkende Wirkung auf zwei Bereiche der Wertschöpfungskette haben: die Innovation (Entwicklung neuer Geschäftsideen) und die Produktion (effiziente Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen) (Abbildung 1). Dadurch könnten die Eintrittsbarrieren in diesen Bereichen herabgesetzt werden, womit sich der Wettbewerb verstärkt und es den Unternehmen schwerer fallen dürfte, hier Mehrwert zu schaffen. Unternehmen, die sich auf die Monetarisierung (d.h. den Vertrieb bzw. die Kundenbeziehungen) konzentrieren und darin glänzen, sollten dagegen besser dastehen.

Abbildung 1
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Wo liegen die Anlagechancen? 

Auf Basis unser Researchanalysen würden wir das Chancenspektrum der KI in drei große Unterthemen unterteilen: Wegbereiter, Innovatoren und Nutznießer. 

Wegbereiter sind Unternehmen, die auf der untersten Ebene angesiedelt sind und beispielsweise EDV-Infrastruktur bereitstellen oder Datenmanagement und -implementierung innerhalb organisatorischer Abläufe bieten. Diese Gruppe wird von vermehrten Investitionen profitieren, sowohl durch Innovatoren als auch Nutznießer. Dies ist derzeit die direkteste Art, in KI zu investieren. Zu dieser Gruppe zählen einige der offensichtlichsten Gewinner, etwa Halbleiterunternehmen. Doch auch in den beiden anderen Unterkategorien dürfte sich das Chancenspektrum mit der Zeit vergrößern, wenn KI stärker eingebunden wird.

Der Kreis der Innovatoren beschränkt sich momentan primär auf Softwareunternehmen, die KI-Technologien in bestehende Plattformen und Dienstleistungen integrieren. Diese könnten als „tief hängende Früchte“ in den hochgradig digitalen Sektoren betrachtet werden, wobei wir erwarten, dass sich dieser Kreis dank neu geschaffener Geschäftsmodelle und Dienstleistungen bald ausweitet.

Die heutigen Nutznießer sind schwerer auszumachen, da viele gerade erst mit der Einführung von KI-Technologien beginnen. In naher Zukunft könnten Unternehmen in stärker digitalisierten Sektoren, darunter Medien und Finanzen, zu den größten Gewinnern zählen. Wenn die KI allerdings noch genauer und günstiger in der Nutzung wird, dürfte ihre Nutzung auch in anderen Sektoren Fahrt aufnehmen und die wirtschaftlichen Produktivitätssteigerungen auf eine breitere Basis stellen.

Wo liegen die Risiken? 

Ein thematischer Ansatz kann helfen, aussichtsreiche Anlagechancen aufzuspüren. Außerdem kann er dazu beitragen, die Anleger von potenziellen Sackgassen fernzuhalten. Auf Basis unserer Researchanalysen sind wir darauf bedacht, folgende Bereiche zu vermeiden: 

  • Produktorientierte Unternehmen ohne eigenen Vertrieb
  • Unternehmen ohne ausreichende Größe oder Wettbewerbsvorteile, die unseres Erachtens Marktanteile verlieren dürften
  • Unternehmen mit schwachen organisatiorischen Prozessen, die Mühe haben dürften, KI-Technologien effektiv einzusetzen 
  • Unternehmen mit mangelhaften Governance- und Aufsichtsstrukturen und schwachen operativen Abläufen bezüglich Personal- und IT-Management

Auf breiterer Ebene halten wir es auch für wichtig, dass die Anleger potenzielle Governance- und Regulierungsprobleme im Blick haben. Diese können beispielweise mit dem Schaden zusammenhängen, den KI in Form von Malware, Influencer-Kampagnen und Fehlinformationen anrichten kann, oder auch mit den sozialen Auswirkungen, die sich ergeben können, wenn KI menschliche Interaktionen ersetzt oder bessere Ergebnisse liefert als große Teile der Erwerbsbevölkerung. Darüber hinaus ist KI zunehmend in der Lage, geopolitische Entwicklungen zu beeinflussen. So könnten technologische Störungen durch eine Zunahme von Hackerangriffen und den Einsatz von KI in militärischen Anwendungen oder beim Zugang zu Hardware hervorgerufen werden.

Unter dem Strich glauben wir, dass eine langfristige Denkweise in Verbindung mit eingehenden Researchanalysen der effektivste Ansatz sind, um KI-bezogene Chancen zu nutzen und langfristige Gewinner zu identifizieren.

1Chester W. Wright, Economic History of the United States (New York: McGraw Hill, 1941), 707. | 2Quelle: US Bureau of Economic Analysis, 2022

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Dáire Dunne

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